Tracklist: 01. This Year 02. Awakening 03. Pretty Apollo 04. I Never 05. Interlude 1 06. Electric Blue 07. Tide Of Life 08. Dazed & Confused 09. Fantasy Revenge 10. Interlude 2 11. Boombox Pimp 12. The Jux 13. Cise 14. Interlude 3 15. Nicers 16. The Raven 17. Beaten Boxes 18. Interlude 4 19. Your Voice 20. One Day...
Review: Ja, es ist schon wieder ein neues Album. Nachdem Cyne sich nach ihren ersten beiden Alben reichlich Zeit ließen und dann im vergangenen Jahr gleich zwei Platten auf den Markt warfen, gibt es hier schon neues Material. Das weckt natürlich Freude und Hoffnungen bei den Fans der Nischen-Rapper aus Florida: Vor allem "Pretty Dark Things" aus dem letzten Jahr ging in eine Richtung, die sich zusehends von den Anfängen der Gruppe entfernte. Bleibt also abzuwarten, was auf "Water For Mars", dem neuen Album, passiert. Für Freunde von Silberlingen kommt ein zusätzliches Ärgernis hinzu: "Water For Mars" wird ausschließlich in Japan veröffentlicht.
Da sowohl Cise Star als auch Akin bisher immer voll auf der Höhe waren und mit einer ausgeklügelten Darbietung überzeugen konnten, liegt es mehr an Enoch und Speck, mit ihrer Produktion die Richtung dieses Albums vorzugeben. Da freut es natürlich gleich doppelt, wenn "This Year" mit dem warmen, souligen Sound loslegt, den man seit der ersten Hörbegegnung mit Cyne verbindet. Auch die bedacht und sicher gewählten Worte Akin's kennt man genau so, wie es sie hier zu hören gibt. Er und Cise finden auch hier wieder die richtige Mischung aus Kritik und eigenen, positiven Messages, auch auf diesem Album ergänzen sich die beiden perfekt. Cise setzt ab, Akin legt los - das Spiel funktioniert im federleichten, von Gitarrenklängen getragenen "Tide Of Life", wie man es gewohnt ist. Generell ist "Water For Mars" mehr die Scheibe, die an vielen Stellen an die ersten beiden Alben anknüpft und sich weniger als "Pretty Dark Things" neuen Ideen widmet. Bei der Einzigartigkeit, die Cyne eigen ist, ist das weniger eine schlechte Sache als eine Freude: Schon der Titel verrät, dass der Sound noch immer spacige Züge mit - wie sie ein Bekannter von mir nennt - Natur-Beats verknüpft. Ebenfalls eine Rückkehr zu früheren Zeiten sind Instrumental-Interludes, von denen vier an der Zahl eingestreut werden und die zuletzt auf "Evolution Fight" am Ende einiger Songs versteckt waren. Bei dem, was Enoch und Speck wie nebenbei aus dem Ärmel schütteln, darf man sich da natürlich nicht beschweren. Das Klavier, das im "Interlude 4" seine Melodie zum Besten gibt, gehört mitunter zum schönsten, was HipHop dieses Jahr bisher zu bieten hatte. Trotz der sehr vielen Dinge, die man Cyne zweifelsohne zugute halten kann, ist leider nicht alles perfekt. "Fantasy Revenge" und "Boombox Pimp" wären beide einwandfrei, wollen mit ihren Hooks jedoch nicht wirklich gefallen. Einen Aussetzer gibt auch zu vermelden: "Beaten Boxes" will sowohl beim etwas trockenen Drum-Salat als auch beim etwas übertriebenen Chorus nicht schmecken und erinnert dabei sehr an die schlechteren Momente von "Pretty Dark Things". Doch damit hat sich die Krittelei auch schon wieder - da sei lieber auf die überwiegenden, schönen Momente hingewiesen, allen voran der umwerfend starke Einstieg: "Pretty Apollo" sprüht nur so vor Energie, "Awakening" ist so elegant geformt wie die Sandverwehungen des Albumcovers. "I Never" wendet sich anderen Rappern und ihren Texten zu, ohne dabei zu sehr im typischen Szenen-Diss zu enden. Während "Cise" eines der typischen ernsteren Lieder ist, bringt "Dazed & Confused" Abwechslung ins Spiel oder sorgt "One Day..." für einen Ausstieg, bei dem Enoch und Speck kurz ins Rampenlicht treten und sich angebracht verabschieden.
Vielleicht ist neben den erwähnten Songs noch der ein oder andere mittelmäßige dabei. Auf jeden Fall kommt "Water For Mars" nicht den beiden ersten Werken gleich. Doch damit war gar nicht zu rechnen. So wie dieses Album aus dem Nichts geschossen ist, darf man sich mehr als nur freuen, einem neuen Werk dieser Qualität gegenüberzustehen. Denn "Water For Mars" ist eines, wenn nicht das beste Album des bisher so mageren Jahres 2009. Und doch ist es weit davon entfernt, ein wirkliches Spitzenalbum zu sein. Doch dafür waren Cyne eigentlich noch nie bekannt - die Alben haben ihren roten Faden, sie haben ihre Atmosphäre, doch sie glänzten bisher meist durch einzelne, geniale Songs. Ebenjene vermisst man auf "Water For Mars" ein wenig, was die vier Kronen leider verwehrt. Doch nur um das noch einmal zu unterstreichen: Dieses Album wird alle Cyne-Fans voll zufrieden stellen und es ist mindestens genauso gut wie die beiden 2008er Alben. Cyne bleibt weiterhin einer der Geheimtipps des US-Undergrounds.
Tracklist: 01. Intro 02. Silent Assassin 03. Night Hawk 04. Gate Way 05. Most High 06. Warfare 07. Nothing Like It 08. Pride 09. Haunted 10. Fame 11. Exorcist 12. None Of That 13. Death Physical 14. Want Peace (Feat. Victorious) 15. Science Projects Part 2 (Feat. Able (of Quinto Soul))
Review: Eine der emsigsten Ameisen aus dem Kreise (bzw. Nichtmehrkreise) der Wu-Tang-Bruderschaft ist mit neuem Material am Start: Killah Priest, der sich 2007 mit "The Offering" zurück ins Geschäft meldete, um dann im Jahr darauf gleich mit "Behind The Stained Glass" nachzulegen, bietet seinen Fans diesmal ein Erzeugnis im Street- / Mixalbum-Format, oder wie auch immer man es nennen will. Bei all den Gruppen und Projekten, denen Killah Priest angehört, muss man sich fragen, woher er die Zeit dazu nimmt. Hier jedenfalls tut er sich mit DJ Woool zusammen, der alle 15 Tracks zu "The Exorcist" produziert.
DJ Woool, der unter Wu-Kreisen fanatische Zustimmung genießende Schützling Priest's, wurde von selbigem schon mehrmals vehement in Schutz genommen. Denn, um der Wahrheit einmal etwas näher zu rücken: Woool kommt bei den Wu-Fans etwa so oft unter die Räder wie neuerdings Jus Allah bei den JMT-"Anhängern". Doch so oft ihm Unfähigkeit zugesprochen wurde - Killah Priest hält an ihm fest. Warum die ganzen Ausführungen über Woool? Ganz einfach, weil er - wie schon erwähnt - für sämtliche Instrumentals aufkommt, während der Iceman Omar Sharif hinter diesem Werk steht. Nüchtern betrachtet waren Woool's Beats auf "Behind The Stained Glass" gar nicht so schlecht, sie waren nur teilweise sehr unspektakulär. Genau da setzt "The Exorcist" an. Kugelhagel ertönt, wenn sich der Vorhang hebt, ist aber auch durchgehend bei Übergängen der Songs zu hören und unterstreicht somit den Mixtapecharakter. Ansonsten bietet diese Scheibe ein Bild, das gemischte Gefühle weckt: Atmosphärisch lässt sich nicht viel bemängeln, denn da setzt Woool genau da an, wo sich KP am besten entfalten kann: teils düstere, schwerwiegende Instrumentale, die den metaphorischen Reimen einen guten Nährboden bieten. Andererseits allerdings lässt sich dasselbe Bild auch als schleppende Kreativlosigkeit zusammenfassen, was schon immer Woool's Problem war. Dem Produzent fehlt ganz einfach das Feuer, was auf diesem Mixtape/-album natürlich voll durchschlägt. Markant durch alle 15 Songs ziehen sich die fast immer gleichen Drumlines, die ihren Teil dazu beitragen, dass hier nicht viel passiert. Dabei ist ja nichts wirklich schlecht - ausgenommen dem missratenen "Fame", das man getrost in die Tonne treten darf. Die Inhalte haben sich natürlich nicht geändert: Immer noch regiert der bunte Mix aus verschiedenen religiösen Richtungen und New Yorker Straße, aus dem der selbsternannte Prophet seine Lesungen webt. Abstrakte Ausführungen über den "Most High" Jah, eingeleitet durch ein Sample aus "Troja", werden von einen Beat unterlegt, der sich große Mühe gibt, die richtige Filmmusik für KP zu sein. An einigen Stellen schlägt Woool dabei auch einen weitaus militanteren Ton an, als man das von ihm gewohnt ist: Die düsteren Streicher im "Intro" zeigen zumindest löbliche Ansätze. Dem gegenüber stehen die mystisch angestrichenen Untersätze, die Killah Priest auf seinen abstrakten Reisen begleiten: "Gate Away", "None Of That" oder "Science Projects Part 2" hätten in dieser Form auch schon auf "Behind The Stained Glass" vertreten sein können. An sich gelungene Songs wie "Death Physical" sabotieren sich selbst durch die wooolschen Drums. Und neben dem üblichen Ghetto-Bericht, wie er in "Night Hawk" zu hören ist, sei zum Abschluss aus dem letzten Song zitiert, der Priest in seinem Element zeigt:
"We're part of the Lost Tribes bought to these shores While America treated us evil, Deuteronomy speaks of the eagle And Obadiah put coals of fire on the heads of Edomites That won't give us our freedom rights"
Die Woool-Hater werden ihre Meinung auch mit diesem neuesten Werk nicht ändern und Killah Priest wird diesbezüglich auch weiterhin einen schweren Stand haben. Auf diesem Mixtape passiert einfach zu wenig, als dass man es auch nur den kleinsten Zeitraum im Gedächtnis behalten würde. Hinzu kommt die Allergie gegen das ständig eingespielte Geschützfeuer, die man sich mit Hören der Scheibe unausweichlich zuzieht. Ansonsten lässt sich "The Exorcist" durchaus anhören, bietet es doch solides KP-Futter für zwischendurch und baut in seiner Spielzeit auch eine ansehnliche Atmosphäre auf. Es kann aber dank vollkommener Abwesenheit von Highlights auch verpasst werden. Da das nächste richtige Album auch bald folgen soll, kann man nur hoffen, dass bei dem hohen Output die Qualität nicht leidet, so wie es hier der Fall ist.
Tracklist: 01. Intro 02. Weite Reise 03. Es ist vorbei! (Feat. Tes) 04. Bleib dran (Feat. Preme & Carrie) 05. Unaufhaltsam (Feat. Mr. Sugga) 06. Gedankenkino 07. Menschenkenntnis 08. Euer Lied (Feat. Nelson) 09. Mehr als Rap 10. Messerstich (Feat. OlliWho 11. Hektik 12. Leere im Kopf (Feat. ThomasP) 13. Fühlt Ihr es? (Feat. Preme) 14. No Regrets (Feat. Grand Agent) 15. Vorhang auf! (Feat. Robert Rapsport & Jensightz) 16. Thank You
Review: Candle To The Grave ist eine Formation aus Duisburg, bestehend aus Tacheles (MC, Sänger und Producer), B-Doub (MC und Producer) und DJ Itag (DJ und Sänger). Den meisten dürfte die Gruppe noch relativ unbekannt sein, wobei Tacheles bereits mit seiner LP "Jetzt wird Tacheles geredet" für Aufsehen gesorgt hat. Wer nach Images und Trends sucht, wird sich mit den Duisburgern höchstwahrscheinlich nicht anfreunden können, denn bei den dreien geht es noch um ehrliche Rapmusik, so wie sie sie selbst kennengelernt haben.
Und genau so klingt "Gedankenkino" auch. Samplebasierte Beats, die in den meisten Fällen von B-Doub produziert wurden, treffen auf schnörkellos vorgetragenen Rap. Die Themen, die dabei behandelt werden, sind direkt aus dem Leben gegriffen und kommen überaus authentisch rüber. Besonders gut nachzuhören ist das auf "Fühlt ihr es?" - hier wird der bisherige musikalische Werdegang beleuchtet und man merkt, dass hier Musik mit Leidenschaft gemacht wird. Der gefeaturete Preme von Black Market fügt sich nahtlos in den Song ein und trägt zum positiven Gesamteindruck bei. Apropo Features: Für "No Regrets" wurde ein ziemlich dicker Fisch an Land gezogen. Der Wahlkölner Grand Agent beehrt die Truppe auf einem, von B-Doub herrlich produzierten Song, der nur so vor Herzblut strotzt und die Stärken der Formation eindrucksvoll unterstreicht. Irrsinnige Technikabfahrten sind hier ebenso wenig zu erwarten wie überkrasse Vergleiche und unsinniges Zeug wie Autotune. Gerade, dass Letzteres nicht zu finden ist, weiß angesichts der vielen gesungenen Parts zu gefallen. Klar, weder Tacheles noch Itag haben eine Wunderstimme, die gestandene Sänger erblassen ließe, aber wie die Hooks ins Mic geträllert werden, ist durchaus passabel und tut dem Leistungsniveau keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil - beispielsweise "Weite Reise" gewinnt durch den sanften Gesang einen gewissen Charme, der diesen Song zu einem der Höhepunkte heranwachsen lässt. Ebenfalls positiv zu erwähnen ist, dass sich B-Doub und Tacheles mit ihren Instrumentals keinesfalls vor amerikanischen Beatbastlern verstecken müssen, was man auf "Gedankenkino" sogar bei einem direkten Vergleich feststellen kann. Immerhin hat bei "Vorhang auf!" kein Geringerer als Kev Brown an den Reglern gesessen. Doch leider muss gesagt werden, dass Mr. Brown hier alles andere als seine beste Produktion abgeliefert hat. Zu schnell verliert der Track seinen Reiz und driftet ab zur Langeweile. Das kann man von "Leere im Kopf" nicht gerade behaupten. Unterstützt von dramatischen Streichern und einem überzeugenden ThomasP im Refrain berichten die Jungs aus dem Ruhrpott von ihren Schreibblockaden, die sie das ein oder andere Mal in den Wahnsinn treiben. Gott sei Dank bleibt zu sagen, dass diese Blockaden nicht ewig anhalten, sonst hätte ein so grandioser Song wie "Thank You" die das Licht der Welt erblickt. Mit der musikalischen Unterlage hat sich B-Doub selbst übertroffen und die Lyrics sind wirklich herzergreifend, weil sie einfach ehrlich und straight auf den Punkt gebracht sind. Ich würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn die Menschen, denen diese Danksagungen gewidmet sind, anschließend Tränen in den Augen stehen haben. Schade, dass CTTG das hohe Niveau der bisher genannten Anspielpunkte nicht über die gesamte Spielzeit halten können. So haben wir es bei "Menschenkenntnis" mit einem Song zu tun, der zwar in das eine Ohr eindringt, den Kopf aus dem anderen Ohr aber wieder auf dem schnellsten Wege verlässt. Der Song kommt zu lasch daher und auch die Gesangshook ist eher unpassend geraten. Letzterer Kritikpunkt passt übrigens auch zu "Euer Lied", welches für die Eltern geschrieben wurde. Das Feature von Tes auf "Es ist vorbei!" will irgendwie auch nicht ganz gefallen, obwohl beat- und raptechnisch eigentlich alles passt. Doch der fremdsprachige Gastbeitrag von Tes passt nicht wirklich in das Gesamtbild. Inklusive "Hektik" war es das dann aber auch schon mit den negativ zu erwähnenden Songs. Schließlich gibt es mit dem von Alpträumen handelden "Messerstich", welcher übrigens eine überraschende Wendung am Ende bereithält, und "Unaufhaltsam" noch zwei Songs, die wieder genau das bieten, was man im Laufe der CD an CTTG lieben gelernt hat. Zudem hält "Unaufhaltsam" noch eine sehr gute Hookline parat, die durch ihren Hauch von Reggae punkten kann.
CTTG leisten mit ihrem Debütalbum keine Quantensprünge, aber sie wissen was sie tun und das tun sie größtenteils gut bis sehr gut. Wer sich mit dem letzten Release von Black Market anfreunden konnte, wird auch mit "Gedankenkino" zufrieden sein, auch wenn "Evolution" noch ein ganzes Stück stärker war. Man kann sich zwar noch beschweren, dass der Flow der Protagonisten sehr eintönig geraten ist, aber damit kann man zurecht kommen. Hoffentlich bleiben sich Cradle To The Grave auch weiterhin treu und werden uns mit weiteren Alben beglücken. Das Talent und das musikalische Verständniss haben sie jedenfalls, um einen durchweg starken Langspieler zu veröffentlichen.
Tracklist: 01. Intro From Pistol Pete 02. Girls Wanna Have Fun (Feat. Ace Hood) 03. Hustler 04. They Hate Me Man (Feat. DJ Khaled & Dre) 05. Getting Money Money (Feat. Tony Sunshine) 06. Oh Baby (Feat. Fat Joe) 07. You Could Tell I'm From New York (Feat. Jadakiss) 08. Guy Like Me (Feat. Sean Kingston) 09. From The City (Feat. Layzie Bone) 10. This Is The X (Feat. Fat Joe & Hell Rell) 11. Serious (Feat. Sheek Louch) 12. What You Gonna Do To Me (Feat. Fat Joe) 13. Get Your Money Up (Feat. Jadakiss) 14. Rat Killa (Feat. Raekwon) 15. The Takeover 16. Growing Up In The Streets 17. Get It Right
Review: Hinter jedem neuen Namen steckt eine kleine Geschichte: Das ist bei K.A.R. nicht anders. Wo ein "Fat Joe & Pistol Pete Present" davorsteht, darf man hier nicht nur große Namen zur Steigerung der Verkaufszahlen erwarten, denn dieses Projekt geht zu einem Großteil auf Pistol Pete's Kappe: Nachdem die Bronx-Legende im Bundesgefängnis einsaß und dort miterlebte, wie Söhne ihre eigenen Mütter verpfiffen, kam ihm die Idee zu seinem Unternehmen Kill All Rats. Nachdem er 2002 entlassen wurde, begann er, K.A.R. auf legalem Wege aufzubauen und lief dabei auch Fat Joe, einem langjährigen Freund, über den Weg. Pete's K.A.R.-Projekt ist an einigen DVDs beteiligt, bis dann die Entscheidung getroffen wird, eine Gruppe zu bilden und ein Album zu veröffentlichen. Das Ergebnis hat man hier vor sich, ganz im Konzept der ursprünglichen Idee und ohne weiteren Albumtitel.
Bisher noch nicht erwähnt wurden dabei K.A.R. selbst. Die Truppe besteht aus vier, bzw. derzeit drei Mitgliedern. Mike Beck (Brooklyn) ist seit kurzem nicht mehr dabei, jedoch auf dieser Scheibe noch zu hören. Der Rest setzt sich aus Onez (Harlem), Leader (Bronx) und Rob Cash (Harlem), welcher eigentlich schon lange bei Kay Slay hätte gesigned sein können, sich jedoch dann dafür entschied, einen dreijährigen Knastaufenthalt zwischenzuschieben und somit seine Street Cred zu pushen, zusammen. Was auf den ersten Blick aussieht wie ein bunt zusammengemwürfelter Haufen, bleibt es auch bei genauerer Betrachtung: K.A.R. ist weniger eine Gruppe als eine wahllos zusammengeführte Vereinigung einiger Künstler, die zu allem Überflüss alle die markanten Charakterzüge eines Sandkorns an den Tag legen. Doch das scheint Pistol Pete bei der Auswahl nicht aufgefallen zu sein - auch nicht, dass allein schon beim Alterunterschied (Onez und Leader sind 18, Rob Cash hingegen ist 31) Zweifel aufkommen müssten, dass das Gelingen dieser Gruppe auf wackeligen Beinen steht. Fat Joe fungiert als Executive Producer, E1 als Label und den Connections der Mentoren sind wohl die satten Features zuzuschreiben, während auch bei den Produzenten einige dicke Fische geangelt werden konnten: u.a. Scott Storch, Cool & Dre oder Streetrunner. Da nun alle Äußerlichkeiten umrissen sind, darf endlich die Bestätigung dazu gegeben werden, was schon der Blick aufs Cover, auf die Tracklist oder gar schon den Titel nahelegt: Dieses Album ist das wohl austauschbarste Erzeugnis des bisherigen Jahres 2009. Von vorne bis hinten will kein einziger Beat hängenbleiben, was auch daran liegt, dass dieses Album der absolute Querschnitt des Mittelwerts sämtlichen derzeit semi-populären HipHops und den beiliegenden Trends ist. Man wird hier nicht den Ansatz eines eigenen Impulses finden, auch keinen einzigen Gast, der in Höchstform aufläuft, und erst recht keine Protagonisten, die dem Hörer im Gedächtnis bleiben. Die Songs selbst schwanken dabei zwischen harmlosem Hintergrundgeplätscher, missratenen Versuchen, der eigenen Heimat treu zu bleiben, und Skip-Kandidaten. "You Could Tell I'm From New York"? Das könnte ich beileibe nicht. Wie auch Fat Joe klingen K.A.R., als wären sie nach Miami ausgewandert. Klappern wir also die einzelnen Klischee-Songs ab: "Girls Wanna Have Fun" disqualifiziert sich durch lyrisches Vakuum und die tausendfach breitgetretenen Phrasen über Dinge, die sich mit Geld so anstellen lassen. Und das können K.A.R. besonders gut: Mit den Geldscheinen, die sie wahrscheinlich nicht einmal im dargestellten Überfluss besitzen, wedeln. "Hustler" treibt die Austauschbarkeit auf einen ultimativen Hochpunkt, der natürlich nicht ohne Autotune auskommt (und dabei noch überdurchschnittlich schwer nach T-Pain klingt). Die Synthies klingen auf dem ganzen Album ausgelutscht, und auch sonst ist der musikalische Teil fast noch ärmer als die Vorstellung am Mic. Sean Kingston soll in "Guy Like Me" karibischen Flair mitbringen und klingt dabei noch besser als der vollkommen deplatzierte Layzie Bone bei seinem Auftritt, kann aber, wie alle anderne Gäste auch, keine Akzente setzen. Jadakiss wird gleich zweimal geladen und rappt Leader in "Get Your Money Up" an die Wand. Gegen selbige fahren K.A.R. allem Anschein nach auch mit Vorliebe ihre Hooks. Im sonst eigentlich gelungen "Getting Money Money" (über die nicht vorhandenen Inhalte sei mal hinweggesehen) übernimmt das Tony Sunshine in glorreicher Art und Weise, "Oh Baby" ist ein weiterer Fall eines passablen Beats, der mit einer unterirdischen Hook beschmutzt wird. Ob eine Hookline jemals unpassender klang als im von penetrantem Gezwitscher begleiteten "Rat Killa" steht in den Sternen. "What They Gonna Do To Me" ist ein winziger Lichtblick und überrascht mit gerade zu düsterem Sound-Gerüst, "Growing Up In The Streets" ist ähnlich aufgebaut, Rob Cash's etwas plumpe Ausführungen über soziale Misstände sind jedoch nicht sonderlich fesselnd. Wirklich gut zu K.A.R. passt schließlich Khaled, der in etwa auf demselben Niveau seine Standardzeilen aufsagt und den Track an die Hater einleitet.
Es gleicht einer Geduldsprobe, sich dieses Album ohne Skip-Taste anzutun. Pistol Pete's Geschmack scheint keine eigenen Ausprägungen zu haben, sondern richtet sich nach dem, was gerade angesagt ist. Das K.A.R.-Projekt ist so gezwungen auf die Autotune-Gangster-Konsumenten zugeschnitten, dass es nur schiefgehen konnte. Aber dafür gehen die Kammerjäger komplett mit Mann und Maus (bzw. Ratte) unter: Wer dieses Album gehört hat und halbwegs bei Verstand ist, der wird nie wieder etwas von Kill All Rats hören wollen. "We have a statement to make", so die Worte von Pistol Pete. Eine glatte Lüge, denn "K.A.R." lässt man mit seiner Mischung aus Einheitsbrei und Aussetzern am besten an sich vorbeiziehen.
Label: Chamber Musik Records / Suga Shack Entertainment
Tracklist: 01. Where We From 02. The Outfit (Feat. Dyverse The First, Rahsaan, Lounge Lo, Shyheim, Dr. Ama, Neph-E-Neph: The Last American B-Boy & King Just) 03. Aqui Mando Yo (Feat. Streetlife & Rock) 04. Track's The Proof (Feat. Sence, Scrap & Lot-A-Nerv) 05. The Way 06. Pass It On (Feat. Lounge Lo, Rashaan, Dyverse The First, Neph-E-Neph: The Last American B-Boy & King Just) 07. P Knuckles (Feat. Dr. Ama, Lounge Lo & Raekwon) 08. Mack-A-Docious (Feat. Cappadonna, Dyverse The First & Kofi Black) 09. The Last American B-Boy (Skit) 10. Diesel feat Vin Andreassi 11. What If (Feat. Rashaan & Lazy K) 12. Gangsta Pimpetry 13. We Came To Fuck With You (Who Wanna Fight - Outfit Mix) (Feat. King Just, Dyverse The First, ParaDox, Neph-E-Neph: The Last American B-Boy, Rashaan & Lounge Lo) 14. No Guts No Glory 15. Symphonies (Feat. Inspectah Deck, Neph-E-Neph: The Last American B-Boy & Sean Price)
Review: Das letzte Stück der Chamber Musik-Release-Flut innerhalb eines Monats stammt von Phil Anastasia: Geboren in Brooklyn, aufgewachsen in Staten Island - ein New Yorker durch und durch. Durch sein Äußeres weiß er sich auch schon vom herkömmlichen Rapper zu differenzieren: Mit Anzug und markanter Gesichtsbehaarung steht der Weiße neben seinen schwarzen Kollegen. Letztere sind alle Teil der Crew, die sich lose um Anastasia gebildet hat. Und was sich schnell als Vermutung aufdrängt, entspricht auch der Wahrheit: Dieser Herr lebt von Vitamin B. Und wer irgendwann ins Umfeld eines Raekwon rutscht, hat diesbezüglich gute Voraussetzungen. Man befindet sich also wieder einmal mit einem Fuß im Wu-Umfeld, was die Label-Wahl sowie die vertretenen Gäste auf "The Outfit LP" mehr als logisch macht.
"The Outfit", das steht nicht nur für dieses Album, nicht nur für dessen belächelnswertes Cover, sondern auch für den Namen der oben schon erwähnten Crew, in der sich eine ganze Reihe an schon bekannten Gesichtern wiederfindet: Old-Timer King Just, Lounge Lo und Dark Skinned Assassin (der parallel zu diesem Album auf CM sein Debüt veröffentlichen darf) führen schon länger im Wu-Universum ein Schattendasein. Rashaan, Dyverse The First und Neph-E-Neph: The Last American B-Boy hingegen sind dem durchschnittlichen Hörer nicht bekannt. "The Outit LP" ist also der Soundtrack und die Eigendefinition dieses Projekts. Nicht fehlen darf dabei P Version: The King, der die komplette Scheibe produziert und sie laut Pressetext mit einem Mash aus Rock und HipHop versieht. Was genau das bedeutet, eröffnet gleich zu Beginn "Where We From": Ein paar einfallslos aneinandergereihte Akkorde werden durch den Verstärker gepresst und fertig ist die pseudo-kreative Mischung. Hinzu kommt Phil's platter Flow, dem jegliches Feingefühl abgeht. "Staten Island ist jetzt hier, alle Faggot-MCs kriegen auf die Fresse" - mit solchen und ähnlichen Inhalten fühlt man sich teilweise wie im falschen Film. Glücklicherweise ist die Bezeichnung Solo-Album für dieses Projekt sowieso wenig angebracht, und so kann man darüber hinwegsehen, dass der Protagonist selbst kein begnadeter MC ist - seine Gäste sind es durchaus und spitten ihn somit auch allesamt an die Wand. Dies zeigt erstmals "The Outfit", das als Vorstellung der Crew-Mitglieder dient, bei dem P Version den Fokus mehr auf anstandslosen Headnod-HipHop legt und das somit einen schwer gelungenen Posse-Track und ein Highlight des Albums darstellt. Leider dümpelt (wie angekündigt) ein großer Teil der Platte in einem äußerst seichten Metal-HipHop-Matsch, der am Sinn der Sache gehörig vorbei geht. "Gangsta Pimpetry"? Nein, danke! "No Guts No Glory" scheitert mit den gleichen Zutaten, ebenso wie "P Knuckles", in dem sogar die sonst souveränen Gäste ein wenig verloren wirken. "We Came To Fuck With You" zieht zwar etwas härtere Saiten auf, bleibt jedoch (nicht zuletzt dank der völlig deplatzierten Hookline) ebenso plump wie mittelmäßig. Da ist es geradezu schade mit anzusehen, wie Rock und Streetlife auf "Aqui Mando Yo" über einen weiteren abgedroschenen Beat verheizt werden. Nicht anders ergeht es Cappadonna im schnell vergessenen "Mack-A-Docious", während die Outfit Crew immerhin im Party-Track "Pass It On" Stimmung macht. Wenn auch inhaltlich keine Erleuchtungen, so gehen die beiden ruhigen Nummern "The Way" und "What If" in Ordnung. Erwähnenswert bleibt nur noch "Symphonies", das puren Eastcoast HipHop praktiziert und auch noch bestens besetzt ist: Mit Inspectah Deck und Sean Price ("I take hard drugs - I graveyard thugs" gibt es einen erstklassigen Ausstieg.
Der durchschnittliche Rap-Hörer, der weder Chamber Musik-Releases explizit verfolgt noch Phil Anastasia-Fan ist, wird dieses Album am Rande des Blickfelds seiner Aufmerksamkeit kurz bemerken. Vielleicht wird er sich noch über die namenhaften Gäste wundern, die Phil zusammentrommeln konnte - doch wahrscheinlich wird er die "Outfit LP" an sich vorbeiziehen lassen. Dazu kann man, sofern man das Album gehört hat, nur sagen: Verständlich. Phil selbst ist ein höchstens mittelmäßiger MC, sein Album lebt von den vielen Gästen. Die Produktionen sind meist durchschnittlich, teilweise schwach. Und die Zahl der wirklich empfehlenswerten Tracks lässt sich an einer Hand (der auch ruhig ein Finger fehlen darf) abzählen. Sonst ist die Outfit Crew allerdings ein durchaus interessanter Haufen, der mit einem fähigen Produzenten im Rücken zu einem starken Release fähig wäre. Hier jedenfalls bleibt in der Endsumme keinesfalls mehr als Mittelmaß.
Jak Progresso - Dump Sites: The Unfound Dead Body Tapes
Release Date: 2006
Label: Creative Juices Music
Tracklist: 01. Black Umbrellas 02. Green River 03. Idle Time 04. Dump Sites 05. 1791 (a.d.) 06. Alkeline Mist (Feat. IDE) 07. The Great Depression '04 08. Hibernation 09. Coke Walrus 10. Sock Puppet
Review: Low Budget B-Movie Shit - damit hat man es hier zu tun. Tief, tief, tief unten, irgendwo in einer Nische im Keller der Archive von Creative Juices kann man diese CD-R ausgraben, wobei die Aufmachung dem bereits zitierten Motto in sämtlichen Belangen alle Ehre macht. Nicht zuletzt die äußerst makabere Auffassung von Kunst, die das Cover ziert, weist den Hörer darauf hin, was ihn bei Jak Progresso erwartet. "Dump Sites: The Unfound Dead Body Tapes" erscheint 2006 und soll den Hunger auf Jak's Debüt bei Creative Juices, "Random Violence", schüren.
Wem das Artwork schon genügt, der sollte bei der Musik gar nicht erst anfangen. Jak Progresso konnte sich seine Fan-Base durch einen schaurigen Rap-Stil gewinnen, der mit unmenschlichen Zeilen ausgestopft ist und mit entsprechender Stimme vorgetragen wird. Als Einblick ins Schaffen von Jak dient diese Scheibe außerordentlich gut, und in ihrem Dasein als wenig beachtete Randveröffentlichung finden sich auf den zehn Tracks nicht einmal Ansätze einer Zensur von Jak's künstlerischen Auswüchsen - dafür stehen natürlich auch schon die Crews von Johnny23 Records und Creative Juices (auch wenn die Trennung von Letzterer nicht gerade im Guten verlief), unter denen Mr. Progresso verweilte bzw. verweilt. Dass er sich gerne als Psychopath inszeniert, ist nichts Neues. So bekommt man auch hier eine Show, die kränker nicht sein könnte. Egal ob als mordender Anhalter, Tierquäler oder als Verrückter mit Grenouille-Charakterzügen: Jak rappt so überzeugend, dass man annehmen muss, dass er aus der Hölle selbst kommt. Nichts anderes gilt für die Instrumentals, die neben Jak Progresso selbst von IDE, Kryptonite und E.T. stammen: Schon in "Black Umbrellas" wird man mit langsamem Rhythmus und tiefdüsteren Bläsern empfangen, die den Schauplatz mit schwarzer Nacht überziehen. Mal halten krachende Drumlines Einzug, mal regiert kompletter Minimalismus ("Coke Walrus". Für "1791 (a.d.)" macht Jak, begleitet von klassischer Geigenmelodie im Hintergrund, eine Zeitreise und trägt eine Dichtung vor, nur um den Hörer in "Alkeline Mist", gemeinsam mit IDE, im Anschluss wieder an den musikalischen Abgrund zu führen. "It's been a week since I saw sun" schnaubt er ins Mikro, worauf ihm in "Hibernation" ein donnerndes Hörneraufgebot antwortet. Womit er seine "Idle Time" verbringt, wurde grob bereits umrissen (die üblichen Dinge eben - Leichen auf der eigenen Farm verscharren), im "Green River" wird man ohne Zweifel auch ein paar Tote finden (das lässt schon die Anspielung des Titels erahnen). "Sock Puppet" und "Dump Sites" verfolgen relativ konzeptlos Jak's wirre Gedanken, was nicht minder unterhaltend ist. Nicht in der Tracklist aufgelistet ist ein elfter Bonus-Track, der aus Snippets zu "Random Violence" besteht.
Was wie nebenbei entstandenes Abfallprodukt wirkt und im Rap-Game auch ungefähr eine entsprechende Beachtung erfuhr, ist fast auf einem Level mit Jak's eigentlichem Album, "Random Violence". Die gewohnte Rap-Show profitiert vom aschigen Bezug, den die Creative Juices-Heads aus der Hand schütteln. Atmosphärisch ist "Dump Sites" fast noch dichter als das folgende Album, düsterer ist es auf jeden Fall. Wer kein Problem mit dem etwas kläglichen Äußeren der Scheibe hat, sollte nicht zögern und versuchen, eine Copy in die Hände zu bekommen. Für Neueinsteiger in Sachen Jak Progresso sei jedoch vorerst "Random Violence" empfohlen; wer jedoch Hunger auf mehr hat, der wird mit "Dump Sites" mehr als gut bedient. In diesem Sinne sei mit der Ankündigung, die unter der Tracklist prangt, abgeschlossen: "The king shall arrive soon..."
Disc 1: 01. Intro 02. Bidadidat (Feat. Mobb Deep) 03. People Talkin (Dissin' Jay-Z) 04. Hood Rich 05. So Ill 06. Dissin' 1 Interlude 07. Know The Game (Frankie Cutlass Remix) (Feat. Mobb Deep & M.O.P.) 08. Okay Dunn 09. Mobb Run The Rap Game 10. Power Rap Freestyle 11. Heads Off (Feat. E Money Bags) 12. The Code Part 2 (Feat. Mobb Deep & Tragedy Khadafi) 13. Sold My Soul (Feat. Twin Gambino) 14. Three Stacks (Feat. Twin Gambino) 15. Interlude 16. Project Niggas (Feat. Mobb Deep & Young Buck) 17. Walk With A Shotgun (Feat. Illa Ghee) 18. Interlude
Disc 2: 01. The Gold (Feat. Mobb Deep) 02. Straight Murda (Feat. 50 Cent) 03. Sleep When I'm Dead 04. Somebody Be Dead (Feat. Mobb Deep) 05. Murda Murda (Feat. Tony Yayo) 06. Got Got 07. Interview 2 Interlude 08. That Go (Feat. Keak Da Sneak) 09. I Betcha (Feat. Kokane) 10. We Don't Love Them (Feat. Mobb Deep) 11. Interlude 12. Dissin' 2 Interlude 13. It's Ya Birthday (Feat. Mobb Deep & Twin Gambino) 14. Serial Killer (Feat. 50 Cent & 40 Glocc) 15. U All Right? (Feat. Mobb Deep) 16. Freeway (Feat. Mobb Deep)
Review: Ein neues Prodigy Album? Nein, schließlich sitzt die Mobb Deep Legende für die nächste Zeit hinter Gittern. Wofür sich Module und Ascetic hier die Rechte gesichert haben: nicht mehr als eine Ansammlung an mehr oder weniger unveröffentlichtem Material und B-Ware. Um das Ganze etwas attraktiver einzukleiden, wird der Titel "Ultimate P" aus der Taufe gehoben: "The ultimate Prodigy / Mobb Deep project covering Prodigy and Mobb Deep history, with previously unreleased tracks, from the Golden Age to G-Unit signature and jail...". Laut Ankündigung also alles, was man neben den offiziellen Alben braucht - man darf gespannt sein, wie viel bzw. wenig der großspurigen Ankündigungen wahr ist.
Dass in Zeiten, in denen Prodigy auf seinem Cover mit Pinkstich posiert, auch der Pressetext flunkert, überrascht nicht im Geringsten. "Ultimate P" ist die alte Leier - Freestyles, Remixes und ein wenig unveröffentlichtes Material. Die ineinandergeblendeten Übergänge geben der Doppel-CD von Anfang an Mixtape-Charakter, die teilweise sehr kurzen Tracks erledigen den Rest. Häufigster Gast ist Havoc, da ein beachtlicher Satz an Mobb-Deep-Tracks ins Aufgebot gestreut wurde. So zum Beispiel gleich "Bidadidat", das zusammen mit "Okay Dunn" von Clinton Sparks' 2005er Album entnommen wurde - und schon damals sämtliche Mobb-Fans kalt ließ. Ansonsten hält sich der Anteil der bereits auf den ersten Blick bekannten Songs in Grenzen. Zudem wird das Album eingerahmt von einigen Interludes, in denen Prodigy ein paar der Sprüche, die es auch schon in seinen Blogs zu lesen gab, vom Stapel lässt: Zu viele Garbage-Rapper seien momentan unterwegs, er könne auf der Stelle 100 davon aufzählen und er selbst gehöre selbstverständlicherweise zur privilegierten Selektion, die ihren Platz im Game verdient hat. Ein wenig unglücklich ist die Qualität, die auf dieser Scheibe unter P's Aussagen steht. Lag es nun daran, dass die Rechte für andere Songs nich erkämpft werden konnten, oder an der Tatsache, dass die Tracklist nicht von Mobb-Deep-Fans zusammengestellt wurde: für eine "ultimative" Zusammenstellung an Schubladenmaterial von Mobb Deep bzw. Prodigy ist "Ultimate P" eher kläglich. Da schlummern Diamanten von weitaus höherem Karat in den Archiven - man erinnere sich nur einmal daran, was es auf "The Dunn Language" zu hören gab. Denn auch wenn man sie bereits kennt - inoffizielle Klassiker wie "Back At You" hätte ich persönlich bei einem solchen LP-Titel durchaus erwartet. Doch die Zahl der wirklich zu Recht vertretenen Songs ist nicht groß, aus den 90ern ist es ganz offensichtlich nur ein Song: Der "Power Rap Freestyle" (vom QB Finest Album) klingt als einziger nach dem Prodigy, wie man ihn aus seiner Blütezeit kennt - und ist auch deshalb bei den besten Songs einzuordnen. J-Love's "Mobb Misses" lassen bei "We Don't Love Them Hoes" (schon bei jenem Mixtape einer der schlechteren Tracks) grüßen und mit "Freeway" wird eiskalt der Freestyle über Freeway's "Flipside" von "Infamous Allegiance" ins Feld geführt. Es finden sich noch eine ganze Reihe an weiteren fremden Beats - doch Klassiker von "The Chronic" und "Doggystyle" ("Mobb Run The Rap Game", "Serial Killer" braucht man nicht mit Neuinterpretation von Mr. P. Während aus den Sessions mit Sid Roams Restmaterial verwendet wird, ist "Three Stacks" eiskalt vom Album "H.N.I.C. Pt. 2" selbst. Dass es "Sleep When I'm Dead" hingegen nicht geschafft hat, ist kein Wunder. "Sold My Soul" klingt plastisch unattraktiv nach Sid Roams, stammt aber aus Havoc's Hand. Von den Gastauftritten sollte man sich auch nicht viel erwarten: "The Code Part II" unterscheidet sich nur im (schlechteren) Beat vom Original, Gambino kämpft mit dem Sid-Roams-Sounds, die G-Unit sollte eigentlich gar nicht erwähnt werden und Vögel wie Keak Da Sneak sind hier - ohne über sie zu urteilen - auf dem falschen Album. Wie das seinerzeit (1996 / 1997) bombenstarke "Know The Game" mit neuem Beat verunstaltet wurde, grenzt an Vergewaltigung. Lediglich "Heads Off" mit E Money Bags (ebenfalls zu finden auf dem Kay Slay Tribut-Mixtape) gehört hierher. Amüsanterweise findet sich gerade in den "Interludes brauchbares Material, das sich mit DJ Clue's "The Gold" bei den stärksten Momenten der Kollektion einreiht. Dort darf auch Alchemist's "Somebody Be Dead" nicht fehlen. Damit hat man jedoch alle nennenswerten Punkte abgeklappert. Der Jay-Z Diss ist ein schlechter Witz ("I got more money and I got more power" - eiskaltes Leugnen der Realität?!), und auch sonst scheint P teilweise nicht mehr ganz sauber zu sein:
"Mobb Deep is better than God, better than Jesus More popular than Allah in the hood, in the street it's Only us that these niggas are listenin to Our book is a new bible"
Nüchtern betrachtet ist "Ultimate P" nicht übermäßig schlecht (mit einigen Ausnahmen). Doch der Deutschlehrer würde diese Scheibe als Themaverfehlung abwatschen. Für Mobb-Deep-Fans ist sie uninteressant, da die Fans die lohnenswerten Songs bereits kennen, für Neueinsteiger oder diejenigen, die nur mit den offiziellen Alben vertraut sind, wird hier einfach kein repräsentatives Gesamtbild abgegeben. Unter einem anderen Namen, unter anderer Sicht auf sich selbst würden diese Kritikpunkte entfallen. Doch was ein "Ultimate P" sein will, das muss mehr bieten. Hier hat man eine Ansammlung, die vor allem das Second-Hand-Material der qualitativ ärmeren neuen Zeiten abdeckt, in seiner eigentlichen Funktion jedoch versagt und auch ganz unter Ausblendung all dieser Umstände etwas magere Kost ist.
Label: Str8 Up Entertainment / Mind Power Entertainment
Tracklist: 01. The Way 02. Triumph 03. L.O.V.E. 04. Hold It Down 05. Still Be Me (Feat. Lex Boogie & Blacastan) 06. Street Merchant 07. Secret 08. Feeling 09. Hidden Scriptures 10. The Light 11. Mind Power 12. Explanation (Feat. Lex Boogie & Pops) 13. Garden Of Eden 14. Heaven On Earth 15. Yesterday 16. East Is Back 17. Underground Ambassadors (Feat. Afu-Ra) 18. Leavin 19. Begins
Review: Für ihn hatte eigentlich alles so schön begonnen: Mit seiner Mitgliedschaft in der Gang Starr Foundation und der "Snatcha Season Pt. 1" gelang Krumb Snatcha ein Start nach Maß. Doch dann verlief sich alles im Sand. Die Veröffentlichungen, die in der Zwischenzeit erschienen sind, verloren sich mangels fehlender Relevanz im großen Meer der Ostküsten-Releases. Ein Umstand, der sich sich mit dem neuen Album ändern soll: KS ist zurück mit 19 brandneuen Tracks aus seinen "Hidden Scriptures". Hinter ihm stehen dabei Str8 Up Entertainment und Mind Power Entertainment.
Seit jeher kennt man Krumb Snatcha als bodenständigen MC, der zwar in keiner Weise herausragend ist, dafür durch solide Skills und angenehme Vortragsweise überzeugt. Die richtige Mischung für ein neues Album wären dementsprechend eine starke, ungetrübte Eastcoast-Produktion, kombiniert mit den altbewährten Statements des Krümelschnappers. Um Ersteres zu garantieren, setzt KS auf eine Mischung aus Producer-Größen und fast gänzlich unbekannten No-Names, wobei der Löwenanteil von Letzteren beigesteuert wird. Doch wer Pete Rock, Mr. Walt von den Beatminerz und Large Professor einstreut, der darf sich der Aufmerksamkeit einer gewissen Hörerschaft schon sicher sein. Umso erfreulicher ist es natürlich, wenn auch ein Nickel Plated gleich im Opener ("The Way" zeigt, dass er sein Fach beherrscht (auch wenn die 9/11-Samples etwas deplatziert wirken). Wie zu hoffen war, legt KS keinen merklichen Wert auf aktuelle Trends und orientiert sich an den Werten, die ihn seit Karrierrebeginn begleiten. Genau das ist es auch, was diesem Album als größter Pluspunkt gutgeschrieben werden kann. Mit einer Ausnahme: Auf "Explanation" schleicht sich doch tatsächlich ein wenig Autotune ein - glücklicherweise in einem dezent erträglichen Maße, wie es ohne die derzeitige Autotune-Popularität wohl den wenigsten aufgefallen wäre. Zusammen mit "Heaven On Earth" finden sich hier die langweiligsten Stücke des Albums. Denn wenn in "L.O.V.E." eine Neuauflage der Liebeserklärung an "Hip Hop" geboten wird, lässt sich das verzeihen - nach elf Jahren ist so etwas im Rahmen des Erlaubten. Und während sowohl Statik Selektah ("Hidden Scriptures" als auch Mr. Walt ("Feeling" mit nervtötendem Kanye-Voice-Cut) nur Programm von der Stange bieten, ist es höchst erfreulich, dass die Underdogs Karimbo und Nickel Plated Schwung in die Platte bringen: "Hold It Down" schwingt locker in die Lauscher, "East Is Back" verschafft sich - während KS die Position der Ostküste unterstreicht - mit kräftigen Kicks Gehör. Ganz zu schweigen vom Kracher dieses Albums: Was Karimbo in "Triumph" an Hörnern aufbietet, macht sowohl zusammen mit Krumb's tiefem Stimmorgan als auch mit den Cuts und Scratches in der Hook Sinn und verlangt nach Replay. Nicht unerwähnt bleiben darf Large Pro, der "Mind Power" seine markante Note leiht und dabei ebenso mit Routine überzeugt wie Pete Rock, der "Yesterday" mit gemächlichem Beat und Voice-Sample bestückt und in "Begins" einen (für seine Verhältnisse zugegebenermaßen mittelmäßigen) soliden Ausstieg abliefert. Zuletzt sei noch der einzig wirklich bekannte Gast am Mic erwähnt: Afu-Ra ist ein alter Bekannter, mit dem KS es in "Underground Amabassadors" krachen lässt.
19 Tracks, keine Überraschungen (höchstens die überraschend gute Qualitätsdichte, die man einem KS gar nicht mehr zugetraut hätte) und dafür Eastcoast-Rap, wie er heutzutage sein darf. Krumb Snatcha bleibt bei seinen Leisten, und anstatt bei irgendwelchen neuen Trends zu versagen, bietet er ein gutes Album, das einigen zu langweilig und unkreativ, für andere aber gerade richtig sein wird. Natürlich gibt es auch hier die Erscheinungen und damit folgenden Abstriche, die einem Großteil der Alben dieses Jahr anhaften - die zwingende Aufmerksamtkeit der Hörer hält diese LP beileibe nicht über seine komplette Spieldauer hinweg. Doch wer sich nicht mit Meckern aufhält, sondern sich den positiven Seiten von "Hidden Scriptures" zuwendet, der kann mit Krumb Snatcha's (knapp guter) Arbeit durchaus zufrieden sein.
Tracklist: 01. Skin Deep (Feat. Monica Blaire) 02. Business 03. Pedigree (Feat. Guilty Simpson) 04. Scapegoat 05. Paid, Laid, And Played 06. A Song Called Triumph (Feat. Blu) 07. Chocolate (Feat. L'Renee) 08. The Look (Feat. Ta'Raach & Phoenix) 09. Squo 10. Broken Logos (Feat. Breeze Brewin) 11. Folktale 12. Peace, Progress, God Bless
Review: Wieder mal Detroit. Und wieder mal eine vielversprechende Veröffentlichung: Big Tone gehört nicht erst seit gestern zur etablierten Szene der Motor City. Seit dem 2005 erschienenen "The Drought" hat sich allerdings nicht wenig geändert: Über Ta'Raach und den Aufenthalt in Kalifornien kommt der Kontakt mit Tres Records, das nun auch als Label für den Zweitling von Tone fungiert, zustande. Daneben steht noch Mojoe Music System, die nach wie vor bestehende Production Company. Wie schon beim Debüt übernimmt Tone auch auf "The Art Of Ink" die komplette Produktion selbst.
Da Big Tone das Gegenteil eines Stümpers an den Boards ist, stellt eine Komplettproduktion von ihm eine gute Nachricht dar, die dem Album dann erwartungsgemäß auch einen nahtlosen Guss überzieht. Zur Erläuterung des Albumtitels darf man getrost einen Blick ins Inlay werfen:
"Two of the most celebrated cultures of modern times share a very common ground. [...] We aim to acknowledge those who have impacted, and have been impacted by both Hip-Hop and Tattoo cultures. The Art Of Ink is our way of saying "We recognize and appreciate artists and fans that set the standard for exceptional artistic expression in both genres."
Auch wenn Big Tone vom Begriff "Ink" fasziniert ist (Man achte darauf, wie er auf dem Cover seine Rhymes zu Papier bringt), steckt dieses Album musikalisch alles andere als in der Tinte: Tone beherrscht es spielend, den typischen Detroit-Sound und dessen knackige Drumlines mit anderen Elementen zu kombinieren und zu variieren. "Paid, Laid, And Played" beispielsweise ist ein (Interlude-artiger) Track von eineinhalb Minuten, der so locker durch die Boxen schlendert, als wäre Tone's Heimat die seines Labels. "Scapegoat" hingegen baut auf Minimalismus, der den Bass-Drums aufgesetzt wird, während Tone das Bild von Rap-Musik in der Gesellschaft umreißt. Guilty Simpson ist, neben fast jedem anderen derzeitigen Detroit-Release, auch hier mit von der Partie und legt seine rauen Rhymes über die feinen Streicher in "Pedigree". Big Tone selbst zeigt sich in jeder Lage souverän. Der fehlende Wiedererkennungswert in seiner Stimme wird durch schlafwandlerisch sauberen und starken Flow mehr als nur kompensiert. Damit ist es eine Freude, sich zurückzulehnen und Tracks wie "Squo" zu genießen. Die Kombination aus Soul-Samples, tiefer Bass-Line und den markanten Drums mit Detroit-Prägung wird bestens beherrscht und kommt auch in "A Song Called Triumph" (mit einem gewohnt herrlichen Part von Blu) zum Tragen.
"Soul music is powerful, Soul music makes you believe. Soul music gives you hope in the way that you feel, in the way that you wanna feel. So for years and years, players and producers have been trying to find that magic Motown sound and pocket, as if it's some sort of a formula"
Mit diesem Sample von Ben Harper beginnt "Chocolate", das beweist: Big Tone versteht es, jenen magischen Motown-Sound in seinen HipHop-Gebilden einzufangen: Bestärkt durch die Hook von L'Renee versprüht der Song ein ergreifendes Feeling. Auch sonst lockert Tone sein Album durch viele angenehm-smoothe Tracks auf. "Broken Logos" funktioniert bestens im Sommer und fährt mit Breeze Brewin des ungewöhnlichste, trotzdem sehr gut ins Bild passende Feature auf. Ta'Raach als Gast ist Pflichtprogramm, während Zo! auf "The Look" Rhodes und Strings einspielt und Phoenix die abschließenden Worte spricht. Ans Ende werden mit "Folktale", das an die Heimatstadt gerichtet ist, und "Peace, Progress, God Bless" zwei kurze Nummern gesetzt, die dem Album einen fein geschliffenen, ruhigen Ausstieg bescheren.
Das Album verdient auf jeden Fall Respekt. Vergleicht man Tone beispielsweise mit dem weitaus mehr gehypeten Black Milk, so lässt sich auf Seiten der Produtkion nur eine geringe Differenz ausmachen, während Tone bei den Raps eindeutig gewinnt. Mit dem Tres Records-Umfeld als Gesellschaft macht er ebenfalls nichts falsch. Und so ist das Endprodukt ein typisches Album aus Detroit, das trotzdem seine eigenen Aspekte bietet und somit nicht der Einseitigkeit verfällt. Ankreiden lässt sich, dass die gefahrene Schiene stellenweise droht, ins Langweilige abzudriften. Trotzdem: Was viele Künstler mit einem Haufen Produzenten nicht schaffen, gelingt Big Tone mit "The Art Of Ink" - kein herausragendes, doch ein stimmiges Album, zu dem man auch in einem und in fünf Jahren gerne wieder greifen wird.
Tracklist: 01. Lost Songs (Teil 1) 02. Nägel in Bretter 03. Multikultishit Spit 04. Schreiben das Game Spit 05. Alles Vorbei Spit 06. Alleine in dem Land (Feat. Kobra) 07. Pumpgun Spit 08. Licht in der Dunkelheit (Feat. Kobra) 09. Auf Teufel komm raus 10. Aerobic (Feat. Kobra) 11. Lets Go (Feat. Abroo) 12. Michelle Mic 13. Bis der Himmel uns holt (Feat. T-Burna) 14. Nichts im Kopf 15. Trio mit 6 Fäusten (Feat. Abroo & Kobra) 16. Du willst nicht Spit 17. Highspeed Spit 18. Maschinengewehr (Remix) 19. V wie Vendetta 20. KackVogelFave 21. Stein auf Stein Spit 22. Rücken zur Wand 23. Nicht auf unserem Niveau Spit 24. Fly (Feat. Kobra & Sentino) 25. Euer Flavour Spit 26. Mit Allen Spit 27. 52 Bars 28. Keine Chance Spit 29. Homies 4 Life (Feat. Jaime) 30. E2TS Spit 31. Meine Welt 32. This Time
Review: Irgendwie hatte Taichi sich das anders vorgestellt. Bereits am Anfang seiner Karriere sah er sich als "Legende von Morgen" und dachte es wäre leicht, "Schnell Imbiz" anzukommen. Doch trotz seines Talents, das nicht von der Hand zu weisen ist, und seinen Kontakten zu durchaus renommierten Künstlern wie Kobra und Ercandize, konnte er bisher kein Album releasen, das von vorne bis hinten überzeugte und rief somit einige Kritiker auf den Plan. Auch die "Lost Songs", die allesamt zwischen 2002 und 2009 entstanden sind und über Mein Label erschienen sind, werden daran wohl nicht viel ändern, sollen aber einen Querschnitt durch Taichis bisherige musikalische Laufbahn aufzeigen.
Dass bei 32 Anspielpunkten nicht jeder Track überzeugen kann, sollte jedem von Anfang an klar sein, aber leider Gottes hat sich ein beachtlicher Anteil an Songs im Mittelmaß oder gar weiter unten angesiedelt. Das liegt entweder an den Beats, wie zum Beispiel bei "Nägel in Bretter", dessen Instrumental auch ohne Probleme mit der Nintendo 64 kreiert werden kann, oder an den holprigen Flows, die besonders bei den älteren Tracks zum Vorschein kommen. Gemeint sind "Homies 4 Life" mit seinem jetzigen Blutsbruder Jaime, "Mit Allen", das mit 23 Sekunden Spielzeit eigentlich nicht einmal eine Daseinsberechtigung besitzt, oder auch "Highspeed". Hier hat sich Taichi am Doubletime versucht, was ihm auf Grund seines damaligen hölzernen Flows nicht wirklich gelungen ist. Doch da wären wir auch schon bei dem großen Plus, das diesem Mixtape zugute kommt. Der Hörer hat die Chance zu erkennen, wie sehr sich Taichi in den letzten Jahren entwickelt hat. Denn mittlerweile ist er durchaus ein guter Rapper geworden, dem es manchmal nur an der richtigen Beatauswahl fehlt. So sind es dann auch die neueren Songs, die bei diesem Mixtape am meisten überzeugen können. Zum einen ist da der Opener "Lost Songs (Teil 1)", der mit einem sehr relaxten Instrumental, welches Sommergefühle aufkommen lässt, und einem sehr gut ins Ohr gehenden Kinderchor auffährt und zum anderen das mit T-Burna eingespielte "Bis der Himmel uns holt", welches durch ehrliche Lines und eine gut gesungene Hook von T-Burna punktet.
"Ich wach morgens auf, mein Bauch tut weh, der Kühlschrank ist leer Ich steck im Sumpf, in meinen Träumen lauf ich über das Meer Es ist kühl in meim' Herz, fuck it, ich fühl mich verkehrt Zwischen lauter toten Bäumen, die letzte Blüte im Herbst"
Überhaupt sind es die deepen Tracks, in denen Tai seine Stärken ausspielen kann. So ist es auch nicht verwunderlich, dass das Highlight des Longplayers auch eher tiefsinnige Töne anschlägt. Von einem gefühlvollen, aber sehr druckvollen Piano-Beat begleitet, berichtet Taichi über "Meine Welt", wie sie noch 2008 ausgesehen hat. Besonders auffallend ist auch hier, dass der Berliner im Laufe der Jahre gelernt hat, seine Stimme besser einzusetzen und so seinen Zeilen eine gewisse Durchschlagskraft zu verleihen. Ebenfalls zu den Lichtblicken dieses Mixtapes zu zählen ist der 2004 veröffentlichte Song "This Time", was zu großen Teilen auch dem herrlich produzierten Pitchvocal-Instrumental anzurechnen ist. Doch, wie bereits am Anfang erwähnt, ist ein nicht unbeachtlicher Anteil der Songs eher durchschnittlich geraten. Darunter auch die fünf Tracks, die Kobra featuren. So kommen "Alleine in dem Land", "Licht in der Dunkelheit", "Aerobic", das auf Grund des sehr verrückten Instrumentals immerhin ein paar Pluspunkte einfahren kann, "Trio mit 6 Fäusten", das außerdem noch einen soliden Part von Abroo beinhaltet, und "Fly", auf dem immerhin Sentino noch überzeugen kann, sehr platt und Standard daher. Zudem finden sich auch die beiden Disstracks gegen Michael Mic und Favorite wieder. Während das unglücklich betitelte "Michelle Mic" auch drei Jahre nach Veröffentlichung nicht die gewünschte Wirkung entfalten kann, gehört "KackVogelFave" nicht nur zu den besseren Tracks dieses Releases, sondern auch zu den besten Disstracks, die in Deutschland je das Licht der Welt erblickten, was wiederum zeigt, dass Taichi durchaus zu relativ großen Leistungen im Stande ist, wenn er will.
Aber leider ist das halt nicht immer der Fall. Im Grunde genommen ist "Lost Songs" ein Release, den keiner braucht. Es erfüllt zwar seinen Zweck, nämlich die bisherigen Werke Taichis noch einmal zu repräsentieren, aber ob das wirklich so notwendig war, bleibt in Frage zu stellen. Denn seine Kritiker wird er auch mit diesem Werk nicht überzeugen können, und seine Hardcore-Fans werden die meisten der Anspielpunkte sowieso schon kennen. Bleibt zu hoffen, dass Tai seine positive Entwicklung weiterhin fortsetzen kann und in naher Zukunft wieder ein richtiges Album droppt. Doch zunächst wird ja "Blutsbrüder" mit seinem neuesten Signing Jaime veröffentlicht.
Tracklist: 01. Intro 02. Open Up Their Eyes (Feat. Jeru The Damaja) 03. Hassa (Feat. Termanology) 04. Do It (Feat. T3 (of Slum Village)) 05. I Still Want More (Feat. Akrobatik) 06. Keep It Tight (Feat. Strong Arm Steady) 07. Famous Type (Feat. Manifest) 08. Across The Map (Feat. Main Flow & Freestyle (of Arsonists)) 09. I'm Ready (Feat. Substantial & Elias (of Scribbling Idiots)) 10. Italian Roots (Feat. Copywrite) 11. Crossroads (Feat. Kool Sphere (of Verbal Threat)) 12. Real Rap Music (Feat. Reks) 13. Hands Of Time (Feat. Wyld Bunch) 14. Feel It (Feat. Guilty Simpson) 15. Antiopnionisti (Feat. Paura & Clementino) 16. Senza Di Te (Feat. Ghemon & SoulShine)
Review: Im Hause Babygrande sind die Lichter noch lange nicht aus. Zwar sind einige der treusten Imprints von dannen gezogen, und es gab Gerüchte um mehr als nur eine krumme Aktion (u.a. die bisher immer noch nicht wirklich geklärte BSBD / Jean Grae-Geschichte), doch das hindert Imperator Chuck Wilson nicht daran, weiter nach vorne zu blicken. Mit Stolz betont er, wie vielen Artists sein Label eine Chance gegeben hat - trotz harter Zeiten in Sachen Verkaufszahlen. Ähnlich wie schon bei den Snowgoons ist dieses Projekt ein internationales: Diesmal führt die Reise nach Italien, zu Fabio Musta, der mit "Passport" sein weltweites Debüt vorlegt.
Ob Musta seine beachtliche Gästeliste selbst zusammengetrommelt oder ob er von seinem neuen Label profitiert hat, spielt dabei auch gar keine Rolle mehr. Fakt ist, dass "Passport" mit sämtlichen anderen Producer-Alben aus den Staaten mithalten kann. Besonders ist dabei lediglich, dass ans Ende des Albums zwei Songs mit italienischen Raps gesetzt wurden, die gerade so erahnen lassen, dass der Herr in seiner Heimat eigentlich schon zu den alten Hasen gehört. "Antiopinionisti" ruft Clementino und Paura, dessen 2007er Album Musta komplett produzierte, auf den Plan. Auch Soul-Sängerin SoulShine gehört zu seinem engeren Kreis, und so leiht sie dem sehr entspannten "Senza Di Te" ihre angenehme Stimme. Ist die italienische Einlage für den US-Fan durchaus eine Abwechslung, so muss man sich beim überwiegenden Rest doch fragen: Vermag es Fabio Musta, aus der derzeitigen Flut an Producer-Alben herauszustechen? Die Antwort ist, kurz und bündig: nein. Hier regiert die durch und durch typische Anteilsverteilung auf Rhythmussektion, Samples, Sreicher & Co., wobei auf markante Percussions absolut kein Wert gelegt wird. Samples dagegen halten bei Fabio beständig Einzug. Doch bezeichnend für dieses Album ist es, dass dem durchschnittlichen Hörer der ein oder andere Voice-Cut bekannt vorkommt, dass einem einige Melodien alles andere als neu vorkommen. Standardgast Termanology schlägt sich in "Hassa" mit einem solchen, sonst jedoch durchwegs gelungenen Instrumental herum. Auch sonst ist es das übliche Spiel, das in der gefühlten hundertsten Rezension wieder in neue Worte gefasst wird: Der Sound ist durch die Bank weg sauber, gut, aber nie wirklich bewegend. Die Nummer mit Main Flow erweist sich einmal mehr als Schlaftablette - in "Across The Map" reißt auch ein Freestyle nichts mehr. Jeru The Damaja eröffnet dagegen souverän, wenn in "Open Up Their Eyes" auf die wahren Werte im Musikgeschäft hingewiesen wird ("It's nice to have nice things - but that's not what life is all about". Auch Reks praktiziert "Real Rap Music", was jedoch ähnlich standardmäßig abläuft wie bei Guilty Simpson (der sich anscheinend in die erste Liga der konstant auftauchenden Feature-Gäste spielen will). Denn auf voller Flamme läuft hier keiner der Gäste. Akrobatik zeigt sich dann jedoch erstaunlich geistvoll, während Substantial gewohnt gute Leistung bringt. Zwischen den anderen Größen erkämpft sich Manifest in "Famous Type" einen der Sonnenplätze, wohingegen Kool Sphere (die Quietschstimme von Verbal Threat - Premo's Schützlingen, die immer noch kein Album zustande gebracht haben) schnell nervig wird. Zu den besten Tracks gesellt sich Copywrite, der in "Italian Roots" erstens mit seinem Instrumental Glück hat und zweitens motivierter als seine Kollegen wirkt.
Spätestens nach 16 Stationen und keinem einzigen Highlight ist überdeutlich: Fabio Musta ist zwar ein fähiger Producer, doch seine Beats könnten gar nicht normaler sein. BoomBap nach Strich und Faden, ohne jegliche Fehler im Gewebe, dafür jedoch auch ohne Überraschung, eigene Marke oder gar Innovation. Man möchte nun argumentieren, dass es auch solche Alben geben muss - denn schließlich lässt sich "Passport" von vorne bis hinten problemlos durchhören. Doch in einer Zeit, in der Alben - ebenso wie Producer-LPs - dieses Schlags zuhauf auf dem Markt geistern, fehlt ein wenig das Verständnis für dieses Projekt. Löblich, dass Babygrande für solche Aktionen offen ist, doch das ändert nichts an der Musik selbst. Mit dieser Leistung wird es schwer für Fabio Musta, sich im internationalen Bereich einen Namen zu machen.
Release Date: 15. Mai 2009 (D) / 19. Mai 2009 (US)
Label: E1 Entertainment
Tracklist: 01. Introduction (Feat. Not Dr. Trevis) 02. Still Here 03. Just A Man 04. Warrior (Feat. Rapper Big Pooh & Chino XL) 05. Ox To Ozone (Feat. Midaz The Beast) 06. The Official Smash Mouf 07. Imagine That (Feat. Felony) 08. All Im Asking (Feat. Viva) 09. By Any Means 10. Struggle (Feat. Oh No) 11. Whisper Music 12. Won't Fall (Feat. Prince Po & Rakaa Iriscience) 13. Hit The Floor (Feat. Pok Dog & Wildchild) 14. The One You Love (Feat. Mic Geronimo)
Review: Man muss zugeben: Es ist nicht die alltäglichste Kollabo, die mit diesem Duo zusammengefunden hat: Roc C aus Oxnard, der Neuling, der 2005 auf Stones Throw sein bis dato einziges Album veröffentlichte und der ebenfalls bisher wenig in Erscheinung getretene IMAKEMADBEATS, der schon in halb Amerika gewohnt hat und derzeit in Brooklyn residiert. Der Beat-Bastler mit dem markanten Afro-Logo kommt erstmals über Mic Geronimo mit seinem zukünftigen Partner in Kontakt. Die Chemie stimmt sofort und aus einem Song werden mehrere, bis schließlich ein komplettes Album, "The Transcontinental", seinen Weg in die Läden findet.
Komplett in Schwarz und Weiß ist sowohl das Cover als auch der Rest des Designs gestaltet. Auf der einen Seite hebt das natürlich die Gegensätze der Scheibe hervor, die zusätzlich auch noch mit einer breiten Auswahl an Gästen verstärkt werden. Andererseits jedoch sieht das Cover wie eine halbfertige Skizze aus, wie ein Work In Progress, dessen Vollendung vergessen wurde. Beide Assoziationen lassen sich auch tatsächlich aufs Album projizieren. Auf jeden Fall ist es potentiell höchstinteressant, wenn diese zwei unterschiedlichen Charaktere aufeinander stoßen: Roc C, der Street-Rapper im Stones Throw-Käfig voller Exzentriker, und IMAKEMADBEATS, der bisher weit unten in den Sphären des New Yorker Underground seine Kreise unter seinesgleichen zog. Doch genau hier setzt sich dem Album nach dem ersten Hördurchgang das große Fragezeichen auf, das auch nicht verschwinden will. NeMo, so der Zweitname von IMAKEMADBEATS, klingt, als wolle er es seinem Reimpartner mehr als nur rechtmachen - von kompromisslosem Eastcoast-Sound ist hier nicht mehr viel zu hören. Stattdessen ist die Sound-Fusion irgendwo auf der Hälfte ihres transkontinentalen Flugs abgestürzt. Roc C, der stimmlich irgendwo in der Mitte der (zugegeben, sehr großen) Spanne zwischen Ras Kass und Braille liegt, eröffnet in "Still Here" zu einem Beat, dessen Sample allen Kool G Rap-Hörern noch allzu gut in Erinnerung sein wird. Was ein für dieses Duo unglücklicher Zufall ist, sagt trotzdem etwas über NeMo's Arbeit aus: Sie klingt an vielen Stellen zu beliebig. Doch es soll nicht alles schlechtgeredet werden: Wenn IMAKEMADBEATS seine Kollegen im Gepäck hat, dann funktioniert es: "Ox To Ozone" klingt zwar mehr nach Ox als nach Ozone, weiß mit MidaZ The Beast jedoch zu unterhalten, und auch "Imagine That" mit Felony ist durchwegs solide. Später dann klappt es auch alleine: "Whisper Music" spielt mit kräftigem Bläser-Hintergrund so ganz und gar nicht auf Flüster-Niveau und direkt im Anschluss kämpft sich das ungleiche Dreigespann Po-Roc-Rakaa erfolgreich durch das in ähnlichen Sound-Gefilden spielende "Won't Fall". Die zweite außergewöhnliche Kombo kommt mit Big Pooh und Chino XL zusammen und erklärt sich als "Warrior"s. Doch hier offenbart sich ein neues Problem: Hooks werden auf dieser Scheibe anscheinend gerne versemmelt: "Just A Man" geht ebenso nach hinten los wie "Struggle", das förmlich nach der Skip-Taste schreit. Da sich beim Rest nichts Nennenswertes mehr findet und da auch mit Ox-Kumpel Wildchild nichts gerissen wird, gibt es zu diesem Album nicht mehr viel zu sagen.
Mit diesem Endprodukt darf man, ganz gleich ob Fan oder nicht, sagen: Dieses Projekt bleibt unter seinen Möglichkeiten und ist damit in der Tat eine Enttäuschung. Vor allem IMAKEMADBEATS ist es, der zu geglättet erscheint. Interessant wäre es gewesen, zu hören, wie Roc C auf einem schmutzigen NY-Beat klingt - nicht, wie Roc C über einen Allerwelts-Beat spittet. Leider versinkt "The Transcontinental" damit im breiten Sumpf der Langeweile, zeigt mit einigen guten Tracks, was hier möglich gewesen wäre, wird aber in einem halben Jahr völlig in Vergessenheit geraten sein. Roc C und NeMo retten sich mit Ach und Krach über die 50%.
Tracklist: 01. Glowing Pyramid (Feat. Claire-Marie) 02. Noir World 03. Star Street Caper 04. We Gotta Survive 05. The Ancient Ones (Feat. Canibus) 06. Enchanting Beauty (Feat. Claire-Marie) 07. Life’s a Blessing 08. Mystic Swordzmen (Feat. Killah Priest) 09. The Keeper Of Purple Twilight (Feat. Holocaust/Warcloud) 10. Cherche L'Amour 11. Architects (Feat. Killah Priest & Canibus) 12. Only Built 4 Scientists 13. Gangsta Soul Brotha 14. Shattered Soldier (Feat. Holocaust/Warcloud) 15. Spirit Boxer 16. Prism City 17. Zebulba Spy Operative 18. Nexus (Feat. Claire-Marie)
Review: Nun ist es also da: Auch wenn es sehr unwahrscheinlich ist, dass RA EL mit seinem Erstlingswerk für viel Wirbel sorgen wird, so hat er doch Aufmerksamkeit verdient. Aus Queens, New York stammt dieser Artist und er legt mit "Noir World" ein Album vor, das auf einer selbstkreierten Science-Fiction Story basiert. Seit einem guten Jahr angekündigt, kommt auch der mit seinem eigenen Label Hierogrammat Entertainment relativ ungebunden agierende RA EL (Beiname: The Soul Conducta) nicht ohne Verschiebungen davon. Doch nun darf man sich auf Geschichten aus der "Noir World", einer von Verbrechen beherrschten, fiktiven Welt, freuen.
Bei genauer Betrachtung wird klar, wie sehr sich dieses Projekt vom herkömmlichen Durchschnittsalbum 2009 unterscheidet. Ein interessantes Line-Up an Produzenten (u.a. bestehend aus White Lotus und Domingo) kleidet die groß angelegte Story aus. Der Hörer wird in ein Szenario geworfen, in dem es zuerst drei Parteien gibt: Zwei Verbrecher-Kartelle - eines unter der Leitung von Lady Doloris und das andere unter Führung von Sir Kyber - die sich untereinander bekriegen, und natürlich noch die Handvoll guter Charaktere, die im Inlay (für das sich RA EL mit Mr. Visions eigens einen Designer zulegte) abgebildet sind. Hier wird es bereits komplizierter: RA EL selbst schlüpft in die Rolle des Agent Starseed und spielt somit als Ich-Erzähler im Drehbuch direkt mit. Die eigentliche Hauptfigur ist jedoch Detective Murdoc, über den RA EL berichtet und der bei fast allen Handlungen, die im Rahmen der Ermittlungen gegen die Verbrecher-Ringe stehen, aktiv zu Werke geht. Damit fehlt noch Dr. Dana Socrates, eine auf Seiten der Guten ins Geschehen eintretende Wissenschaftlerin. Das ist natürlich bei weitem nichts alles, sollte jedoch für den Anfang reichen. Mit "Noir World" werden diese Rahmeninfos preisgegeben und zudem findet sich Starseed gleich mit der schönen Claire-Marie in einer Metropole, in der sich (ähnlich Gotham City) die Gesetzlosen nach Belieben aufführen und den Plot für das hier erzählte Abenteuer liefern: Sowohl Kyber als auch Lady D entführen Forscher und deren Arbeit (zusammengefasst - deren Formeln), um so zu neuartigen Drogen zu gelangen und damit den Markt zu übernehmen. "Once addicted, Phantom Dwellers from an unknown dimension appear and destroy the body and soul" heißt es im Inlay über diese Drogen. Kurzum, ein Szenario der jetzigen Welt, projiziert in die Zukunft. Nachdem Murdoc auftaucht, jagt er auch gleich einem solchen Dweller hinterher. Im Anschluss erfährt man von einer Unsterblichkeit verleihenden Substanz namens Sequoia Prism, mit der Dr. Dana ins Geschehen tritt. Doch "Star Street Caper" führt die Handlung erst einmal nahtlos fort und erzählt von Murdoc, wie er in ein verstecktes Labor eindringt, um die dort festgehaltenen Forscher zu befreien. Nach Kämpfen mit den Schergen der Kartelle (einer Geisha und einem Cyborg namens General V), bei denen er tödlich verwundet wird, eilt ihm Dr. Dana zu Hilfe. Mit Sequoia Prism geheilt, können Murdoc und Dana in ein Zeitportal flüchten. Zu diesem Zeitpunkt verabschiedet man sich vorerst von der Handlung und begibt sich auf Zeitreisen mit RA EL, bzw. seinem Charakter Starseed. Ein guter Zeitpunkt, andere Aspekte der Platte zu beleuchten: Die Produktionen sind erfreulich gelungen und kombinieren das Sci-Fi Thema mit herkömmlicher BoomBap-Formel, bieten jedoch genug Überraschungen. Wenn in "The Ancient Ones" über tief summendes Dröhnen alte Mythen aufgesponnen werden, taucht man beispielsweise in eine eigene Sphäre ein. Bei einem Gast wie Canibus offenbart es sich jedoch glasklar: RA EL ist bzgl. Flow und Technik nicht der begnadetste Rapper, von einem Kaliber wie Canibus wird er völlig in den Schatten gestellt. Selbiges gilt auch bei Killah Priest oder Warcloud, die die erlesene Wahl der Gäste, welche ebenfalls als Zeitreisende unterwegs sind, komplettieren. "Mystic Swordzmen" lässt im Wu-Tang-Stil die Schwerter fliegen, "The Keeper Of Purple Twilight" zeigt Starseed und Warcloud als Akteure in einem Krieg. Mit "Enchanting Beauty" und "Cherche L'Amour" sind zwei an das weibliche Geschlecht gerichtete Songs vertreten, wobei ersterer die physikalische Ebene in den Vordergrund rückt und mit orientlaischem Anstrich gehörig missglückt. Nachdem vor allem die Songs mit den Gästen durch die Bank weg begeistern, spuckt das Zeitportal Starseed wieder aus und er landet in "Prism City" (wobei nicht ersichtlich ist, ob dies die Stadt der bisherigen Handlungen ist). Hier werden erstmals die Zoites, die vierte Partei und Erschaffer der Sequoia Prism-Substanz, vorgestellt. Nach der Konversation mit einem Zoite folgt in "Zebulba Spy Operative" das Finale: Die Geiseln (Forscher) werden befreit, die gestohlenen Formeln zurückgewonnen und mit Starseed's Raumschiff gelingt die Flucht durch ein Wurmloch in den "Nexus".
Zugegeben: Letztendlich fehlen der Story beizeiten die Zusammenhänge. Doch das stört auf dieser Scheibe sowieso nicht - die Handlung rückt als Begleiter in den Hintergrund. Vom Sound her sind die Zeitreisen im Mittelteil des Albums sowieso ansprechender. Was die Produzenten RA EL mit auf den Weg geben, ist meistens solide, erhebt sich jedoch manchmal zu Großtaten, die einen Sound atmen, mit dem RA EL sehr alleine steht und der deswegen umso wertvoller ist. Die Wahl der Features ist in Zahl und Qualität hervorragend, die Einbindung ins Album-Geschehen passt ebenfalls. Zu kritisieren bleibt also höchstens, dass RA EL selbst nicht ganz auf dem Level seiner Gäste rappt und dass die Beats ab und zu nur im Mittelmaß liegen. Ansonsten ist RA EL dieses eigentümliche Projekt gelungen. "Noir World" wird wohl auch noch am Ende des Jahres zu den besseren Veröffentlichungen zu zählen sein.
Tracklist: 01. All For One '08 02. Nuthin' (Feat. C.L. Smooth) 03. Go Slow (Feat. Jak D & Twan) 04. Breathe Interlude 05. Blow Up Da Spot (Feat. KRS-One & Rahzel) 06. The Natural 07. Lyrics? (Feat. Craig G) 08. Bullseye (Feat. Buckshot & Jak D) 09. Goin' Back 10. Brand New Bein' (Feat. Lord Jamar & Grand Puba) 11. Unforgettable (Feat. Poison Pen & Jak D) 12. Wait A While (Interlude) 13. Teach The Children 14. Gamer (Feat. C-Rayz Walz & Okwerdz) 15. Smallest Violin (Feat. Jak D & Craig G) 16. I Can't Forget... (Outro)
Review: Da ist er schon wieder. Nur ein halbes Jahr ist es her, dass zusammen mit Will Tell von der Brooklyn Academy das letzte Album "Generation X" erschien. Für sein neues Werk heuert Sadat X bei DJ JS-1's Label Ground Original an, eine Komplettproduktion von JS-1 gibt es gratis dazu. "Brand New Bein'" heißt der neue Longplayer und ist die nunmehr sechste Veröffentlichung des Mannes mit der markanten Stimme. Damit bleibt er unter seinen Brand Nubian-Brüdern derjenige mit dem höchsten Output (selbst wenn Grand Puba ebenfalls mit neuem Material an den Start geht). Um mit der Zeit zu gehen, erscheint dieses Album mit einer zweiten, einer MP3-CD mit u.a. Instrumentals und Acapellas.
Ganz im Gegensatz zu "Generation X" ist "Brand New Bein'" nicht gerade Feature-arm: Craig G, Buckshot, KRS-One und C.L. Smooth treffen sich zur gemütlichen Seniorenrunde, die sich untereinander auch nicht fremd ist. Hinzu kommt JS-1, ebenfalls ein Veteran. Zusammen mit der einen Hälfte von Cold Heat (Johnny Walker) produziert er das Album, während Jak Danielz (der Rest von Cold Heat) am Mic ganze vier Auftritte verbucht. Wer nun den letzten Auswurf von X gehört hat, der wird sich erinnern, dass Will Tell natürlich ebenfalls auf BoomBap gesetzt hat, doch trotzdem bemüht war, seine Beats nicht zu rückständig wirken zu lassen. JS-1 und JW machen in diesem Hinblick nicht die geringsten Anstalten: "Brand New Bein'" verdient sein Adjektiv beim besten Willen nicht, lediglich das Wortspiel verbleibt. Doch so negativ muss das garnicht gesehen werden: Wo mit "All For One '08" in recht überflüssiger Weise Altes aufgekocht wird, macht es sich "Nuthin'" mit Altmeister C.L. Smooth so charmant smooth in den Hörgängen gemütlich, dass man sich ungemein an alte Zeiten erinnert fühlt. Denn das vermag JS-1 von Zeit zu Zeit: Wo jedes zweite Release die Rückkehr zur goldenen Ära verkündet, steigt man auf dieser Scheibe teilweise tatsächlich in die Zeitmaschine. Daran, dass dieses Album nicht besonders ist, würde auch eine 15 Jahre frühere Veröffentlichung nicht rütteln. Die geschlossene Atmosphäre ist da, nennenswerte Highlights und Eigenheiten fehlen. "Goin' Back" kann inhaltlich so weit zurückreisen, wie es will - hier passiert nicht viel. "Unforgettable" alias "When Sampling Goes Wrong" zerstört sich seine Hook mit deplatziertem Voice-Sample, in "Go Slow" ("Don't label me underground, cause that means no money / That's a term they made to keep real dudes from getting paid" fährt Sadat einmal mehr die Nostalgie-Schiene, hätte dabei aber Twan lieber links liegen lassen. Ab und an vermögen die allesamt relaxten Sounds zu überzeugen: "Brand New Bein" ruft logischerweise Lord Jamar und Grand Puba auf den Plan, während man außerdem "The Natural" und "Teach The Children" (dessen Thematik der als Lehrer ausgebildete Sadat gut präsentiert) im Gedächtnis behält. Erwähnenswert ist außerdem noch "Gamer" mit Konsolen-Beat und starkem Auftritt von C-Rayz Walz. Die Thematik ist dabei natürlich nicht neu: "Still fuck with the games and I'm a grown ass man / Walk around with the stick in my hand". Nachdem KRS und Craig G gekommen und wieder gegangen sind, gibt ein klassisches Shoutout-Outro ("I Can't Forget..." den Abschied.
In einigen Punkten hebt sich Sadat X' jüngstes Werk von anderen Releases seiner Zeit ab, in anderen finden sich Parallelen: So ist der Sound in der heutigen Zeit durchaus nicht der alltägliche und kann an einigen Stellen auch mit wahrem Renaissance-Faktor glänzen. Noch dazu sind sowohl die Gäste als auch Sadat X selbst die richtigen Emcees, um im Jahr 2009 über solche Instrumentals zu flowen. Auf der anderen Seite verwehrt genau diese wissentliche Verschränkung gegenüber jeglichen überraschenden Elementen dem Album eine Wertung im gehobenen Bereich. Was zur Frage führt, ob man von Sadat X überhaupt ein visionär-kreatives Album will. Die Antwort ist wahrscheinlich "nein". Deshalb ist "Brand New Bein'" absolut nicht falsch, denn es zeigt den Veteranen X, wie man es erwartet hat. Zwar nicht aufregend und beileibe auch kein Muss, aber es gibt wesentlich schlimmere Entscheidungen, als in dieses Album reinzuhören.
Tracklist: 01. Still Hear 02. Inside Your Mind 03. Tradesmen (Feat. Ben Butter, Iomos Marad, King, J.Hewitt, Infinito 2017, Longshot & Rashid Hadee) 04. Bottomline 05. Observation Incomplete 06. Problems (Feat. Melatone & Rashid Hadee) 07. The Gambit 08. Confessions Of An Adolescent 09. Subliminal 10. Face Of The Hood 11. Onetwo 12. Leaving Babylon 13. Deception 14. Highest Regards (Feat. Rashid Hadee) 15. Purpose
Review: Obwohl Thaione Davis schon länger als MC und Produzent aktiv ist und auch mehrere Releases zu verbuchen hat, dürfte er für viele ein unbeschriebenes Blatt sein. Zeitweise war er sogar auf dem in Deutschland ansässigen Label Hong Kong Recordings gesignt. Sein aktuelles Album "Still Hear" wurde komplett von Rashid Hadee produziert, welcher sogar die Aufmerksamkeit von MTV auf sich ziehen konnte und unter anderem mit Little Brother arbeitete. Da bereits die vorangegangenen Veröffentlichungen von Thaione sehr soulig waren und viele musikalische Einflüsse zuließen, dürfte selbiges bei "Still Hear" zu erwarten sein.
Diese Erwartung werden auch vollkommen bestätigt. Rashid Hadee sorgt für einen Sound-Teppich, welcher aufgrund der Kombination von harten Drums und Samples den klassischen BoomBap-Sound verkörpert und somit im Indie-Kosmos schnell seinen Platz finden dürfte. Repräsentative Beispiele sind "Bottomline" und "Problems", welche zusätzlich von dezenten Streichern ergänzt werden. Durch diese Symbiose wird eine entspannte Atmosphäre erzeugt, die jedoch auch zum mitnicken animiert. Thaione Davis präsentiert sich als versierter Rapper mit einem flüssigen Flow und bodenständigen Themen: Rap, Umwelt, Innenleben, Alltag. Künstliche Images und dergleichen scheinen ihm fremd zu sein, so stellt er die Musik in den Vordergrund und ist auch darauf bedacht, Rashid Hadee seine verdienten Props zu geben. "Face Of The Hood" etwa ist keine Glorifizierung des Ghetto-Lebens, sondern erzählt die Geschichte eines Drogendealers, der aufgrund seiner Drogendelikte ins Gefängnis muss und nach seiner Entlassung versucht, sich zu ändern: "He was the man on the block / Making grams on the block [...] The dope was even the reason he got locked up". Der Rapper aus Chicago ist bemüht, seine Geschichte hier ganz unaufgeregt zu erzählen, um auch sicher zu gehen, dass der Hörer bei der Sache bleibt. Sehr gut gelungen ist das jazzige "Leaving Babylon", welches vor allem durch einprägsame Saxophon-Einlagen überzeugt. Leider gibt es auch den ein oder anderen Durchhänger zu vermelden. So bohrt sich zum Beispiel der Beat von "Tradesmen" auf ziemlich penetrante Art und Weise in den Gehörgang. Hinzu kommt, dass die Länge von fast zehn (!) Minuten doch etwas überzogen scheint und spätestens nach dem zweiten Hören den Zuckreflex in den Händen aktiviert. Ähnliches gilt für "Subliminal", hier versaut ebenfalls das Instrumental eine eigentlich recht ordentliche Performance von Thaione Davis. Doch zum Glück handelt es sich dabei um Ausnahmen und der Großteil des Albums ist hörbar. Bei "Highest Regards" schaut kurz vor dem Ende der Platte auch noch einmal Rashid Hadee in der Booth vorbei (einer von insgesamt zwei Gastauftritten des Produzenten) und sorgt mit seinem Mic-Kollegen für einen würdigen Abschluss. Hierbei feiern sich die beiden selbst ein wenig und bringen zum Ausdruck, dass noch länger mit ihnen zu rechnen sein wird: "Oh no, we don't stop and we don't quit".
Hörer, die ihren HipHop gerne klassisch haben, dürften mit diesem Album durchaus zufrieden sein. Statt Synthesizern kommen verschiedene Instrumente zum Einsatz, welche dazu beitragen, dass die musikalische Gestaltung sehr zurückgelehnt ausfällt. Thaione Davis agiert stets enthusiastisch und schafft es gelegentlich, sogar den Hörer mitzureißen. Jedoch fehlen dieser Platte die Überraschungsmomente, einige Stücke ähneln sich (zumindest was die Beats betrifft) sogar. Hinzu kommt, dass mit "Tradesmen" und "Subliminal" zwei waschechte Skip-Tracks vertreten sind. Doch abgesehen davon ist "Still Hear" in seiner Gesamtheit stimmig und dürfte für den ein oder anderen interessant sein. Anspieltipps sind "Face Of The Hood", "Bottomline", "Leaving Babylon" und "Still Hear".
Tracklist: 01. Arrival & Departure (Feat. Awesome Dre) 02. Style 03. Pay Attention / Interlude: Beat The Drums 04. The Waiting Game (Feat. Invincible) / Interlude (Feat. Prince Whippa Whip) 05. One Man Show 06. Jumper Cables 07. A Reason 08. Motor Music 09. Heat 10. Issues / Interlude (Feat. Prince Whippa Whip) 11. Brother's Keeper 12. The Senator 13. What You Mean To Me 14. A Pipe Dream And A Promise (Feat. Monica Blaire & Allan Barnes) 15. Paid Homage (R.I.P. J Dilla) (Bonus)
Review: Für alle, die es noch nicht wissen: Hier hat man es mit einem Detroit-Release zu tun. Finale durchfließt das Blut der Motor City - bis in die letzte Zehenspitze. Obwohl er Morehouse-Student und Ingenieur für die Großen der US-Auto-Branche war, widmete er sich dem MCing. 2007 konnte man "Develop" mit Beats von Spier 1200 hören, ansonsten könnte einem der Name durch einige Features, u.a. bei Invincible oder Elzhi, schonmal unter die Augen gekommen sein. Nun ist er bei Interdependent Media untergekommen und bereit, sein erstes offizielles Soloalbum zu veröffentlichen: "A Pipe Dream And A Promise".
Der Titel beinhaltet, ganz im Gegensatz zu fast allen anderen Alben dieser Tage, Persönliches. "A Pipe Dream" - das Luftschloss, das es zu erobern gilt, ist ganz ohne Frage HipHop. Das Versprechen, das sich Finale dabei wohl selbst gegeben hat, bezieht sich auf den zu vollführenden Schritt vom vorigen Arbeitsleben ins Rap-Geschäft. Besieht man sich die Tracklist des Albums, kann man sagen: Einen guten Schritt hat Finale schon getan. Bei den Producern finden sich eine ganze Reihe an respektierten Größen ein. Sogar vom verstorbenen J Dilla ist hier ein Beat zu hören. Doch bevor man groß anfängt, ins Detail zu gehen, wird einem beim Durchzappen vornehmlich eines auffallen: Dieses Album ist aus Detroit. Finale scheint, obgleich er beileibe nicht nur lokale Produzenten an die Boards lässt, großen Wert darauf zu legen, dass man seinem Album den Stadt-Charakter anhört. Unverkennbar wird das natürlich, wenn Black Milk das Instrumental beisteuert; "One Man Show" ist typisch BM und bringt somit genug Unterhaltungsfaktor mit sich. Finale selbst erweist sich als gewandter Emcee. Zwar liegt seinen Zeilen keine außergewöhnliche Stimme zugrunde, doch ein Flow, der nicht enden wollend jedes Instrumental überspannt, lässt zu keiner Zeit etwas anbrennen. Irgendwie liegt der Vergleich zu Black Milk nahe - Finale's Skills sind genau das, was Ersterer vermissen lässt und weshalb er sich bei seinen Raps durchgehend Kritik gefallen lassen muss. Dass Finale in "Style" den eigenen Namen groß schreibt, versteht sich von selbst. Die Selbstverständlichkeit, mit der er über das knackige Kev Brown-Instrumental rollt, bringt den Kopf auch noch beim zehnten Mal zum Mitnicken. Szenenwechsel bietet das schlichte "Pay Attention", das irgendwo in den maroden Suburbs der Motor City eingängig vor sich hinspielt. Auch ansonsten findet man den schmutzigen, nach Motoröl riechenden Sound sehr oft und in guter Ausführung: Nottz lässt die Snares in "Jumper Cables" tanzen, Waajeed dagegen gedämpfte Streicher im lässig-coolen "The Senator". Shoutouts von zwei Pionieren gibt es auch noch: Detroit-Legende Awesome Dre und außerdem Prince Whipper Whip kommen zu Wort. Zwischen den schon erwähnten Produzenten ist Black Milk noch mit einem zweiten Beat vertreten - dem vorab schon bekannten "Motor Music", das jedoch ein wenig zu plastisch daherkommt und im starken Feld des Albums untergeht. Nicht zuletzt, da im Anschluss der Dilla-Beat ausgegraben wird. Und man möge James Yancey seinen Frieden noch und nöcher wünschen, wenn in fünf Jahren immer noch Erzeugnisse wie "Heat" auftauchen, wäre es eine Schande, sie nicht gehört zu haben. Die Kraft, mit der dieses Instrumental in den Ohren pocht, lässt auf eine ordentliche PS-Zahl schließen. Doch nicht nur stiehlt Dilla hier sämtlichen Kollegen die Show, geradezu verwunderlich ist auch die Art und Weise, in der Finale auf dieser Großtat eines Beats souverän bleibt und den Track in jeder Sekunde würdig beflowt. "Issues" ist als nachdenklicher Song ein guter Anschluss; und während man im weiteren Verlauf noch an gepitchten Voice-Samples von M-Phazes ("What You Mean To Me" und relaxten Klängen von Oddisee im Titeltrack vorbeikommt, begeht Finale seinen Ausstieg mit einer Hommage an J Dilla, die zudem noch großartig von Flying Lotus produziert wurde. Auch wenn nicht unbedingt kreativ, so ist das Outcome des Tracks umso hörenswerter: "Me and Lotus do our best to keep it fresh / Guess what they say is true / You always reminisce and go back to thnigs you lose / [...] / How can we not applaud our one and only star y'all?"
Auch wenn man es nicht glaubt: Mit dem Detroit-Sound lässt sich auch weiterhin gute Musik auf Albumlänge machen. Finale beweist das mit seinem Debütalbum in eindrucksvoller Weise. Zugute kommt ihm natürlich sein sich bombenfest im praktizierten Sound verankernder Flow. Zudem erwischt er fast alle seine Producer an einem guten Tag, was ihm einen Sound beschert, der nicht zu sehr in der Einheitlichkeit festhängt und trotzdem nicht beliebig wirkt. "A Pipe Dream And A Promise" lässt für Finale dessen Luftschloss hoffentlich Realität werden - verdient hat er es sich auf jeden Fall. Denn hier sollten nicht nur Fans vom Dilla/Black Milk'schen Detroit-Sound aufhören.
Tracklist: 01. Xanax 02. Broccoli 03. African Robotics 04. Occam's Razor 05. The Big East 06. Florida Ki's 07. News & Notes 08. La Da 09. Wings 10. Once Were Kings 11. Gatwick 12. John McCain 13. Reconstruction 14. SubPop 15. Sendero Luminoso 16. The Constant Gardeners 17. Open Doors
Review: Eine unschöne Sache: Da arbeiten die Super Chron Flight Brothers am Nachfolger zu ihrem 2007er Debüt "Emergency Powers" und bekommen eine ganze Palette an Beats, die so gar nicht ins Konzept passen wollen, aber trotzdem zu schade sind, sie links liegen zu lassen. Die Lösung des Problems: Ein Nebenprojekt, auf dem die Beats verwertet werden. Gesendet wurden sie von DJ Marmaduke, der für das Backwoodz-Camp schon seit längerer Zeit als Beat-Bastler tätig ist. Der Titel "Indonesia" rührt von einer Reise zu selbigem Land, die Billy Woods und Priviledge vor einiger Zeit unternahmen. Die Folge ihres Aufenthalts: Ihr Hotel nimmt seither keine Afro-Amerikaner mehr auf.
Um das Projekt, dessen Reifeprozess nicht der längste war, für die Fans attraktiver zu machen, wird es am 20. April, dem inoffiziellen Tag für alle Pot-Liebhaber, als kostenloser Download veröffentlicht. Sinnlosen Fun-Rap gibt es deswegen natürlich nicht. Im abstrakten Netz der Rhymes des Duos finden sich weiterhin eine Vielzahl an Allusionen und Metaphern - eine gezielte Richtung lässt sich dabei jedoch nicht feststellen. Da Marmaduke anscheinend nicht sonderlich viel geschickt hat - oder aber ein Teil seiner Beats doch nicht so berauschend war, wird das Album mit einer Reihe an anderen bisher ungenutzten und bestimmungslosen Beats aufgefüllt, die vornehmlich von Dr. Monokrome, einem weiteren Mitglied der Backwoodz-Schmiede, stammen. Wie schon dem Presse-Text zu entnehmen, bewegen sich die Beats in einer großen Spanne, die auf Eckpfeilern des HipHop und allerlei Electronica balanciert. Eigentlich bei diesen Künstlern nichts Ungewöhnliches. Doch was hier zusammengeschraubt wurde, bewegt sich teilweise in der Grauzone zwischen Musik und Geräuschanhäufung. Wenn sich wie in "Occam's Razor" auch noch eine vollkommen eigenwillige, schräge Hook dazumischt, hat der Spaß jedoch sogar für hartgesottene Backwoodz-Fans ein Ende. Hinzu kommen die beiden nicht minder eigentümlichen Stimmen und Rap-Stile von Woods und Edge, die mit den schwerfällig-betonten Worten von Ersterem und dem hell-dünnen Flow von Zweiterem unterschiedlicher nicht sein könnten. In ihren Einzelteilen eventuell berechenbar, wird diese Mixtur auf einem Projekt wie diesem, dem keine Marschrichtung vorgegeben wurde, oft anstrengend bzw. zuviel des Guten und fällt damit aus dem Himmel der guten Intentionen ins Fangnetz der Unerheblichkeit, das sich schnell der ihr anhaftenden Aufmerksamkeit des Hörers entledigt. Genau deshalb behält man "John McCain", "Xanax" oder "African Robots" nicht im Gedächtnis. Und neben todsicheren Skip-Kandidaten wie "Gatwick" ist der Geduldsfaden auch gegenüber den restlichen Songs sehr straff gespannt. Bei all den Ausrutschern lässt es sich trotzdem nicht leugnen, dass Marmaduke (der einen Großteil der Patzer auf seine Kappe nehmen muss) sein Handwerk beherrscht und auch exotische Samples (wie in "Florida Ki's" oder "Sendero Luminoso" mit einzubinden weiß. Schließlich ist er es auch, der für das Highlight der Scheibe sorgt: "Wings" findet die richtige (nämlich eine für dieses Album relativ kleine) Dosierung an kreativen Freiräumen und beschränkt sich auf lockere, leicht exotische Klänge, die hervorragend zu den SCFB passen. Monokrome, der in der Regel noch Electro-beeinflusster als Marmaduke ist, hält sich hier eher zurück und sorgt für das ruhige "News & Notes" oder "The Big East", das ebenfalls nicht zu schwer im Magen liegt. Nachdem sich das von Teleseen produzierte "The Constant Gardeners" mit seltsamer Hook etwas abseits des Durchschnittsgeschmacks platziert, stellt sich heraus, dass dieses Album eines mit früheren Releases gemein hat: "Open Doors" ist, als typischer Backwoodz-Abschluss-Song, sehr zurückgelehnt, ruhig und ernst - und ist genau deshalb hörenswert.
Der erste Hördurchlauf läuft alles andere als rund, doch mit der Zeit öffnen sich einige der Stücke auf dem Album. Andere hingegen bleiben wohl dauerhaft verschlossen. So wirklich gelungen ist das Album leider nicht, weder als Einheit noch in der Einzelbetrachtung aller Songs. Als Free Download durchaus ein Reinhören wert, sei Neueinsteigern auf jeden Fall zu "Emergency Powers" geraten - hiermit wird man unter Umständen doch recht verschreckt. "Indonesia" ist ein Zusatz für die Fans, von denen wahrscheinlich jeder seine eigenen Highlights finden wird. Die Vorfreude auf das angekündigte, zweite offizielle Album "Cape Verde" verderben die SCFB ihren Fans hiermit sicherlich nicht, mehr als ein kleiner nebenbei eingeworfener Snack ist "Indonesia" jedoch nicht.
Tracklist: 01. What's Done Is Done 02. Bionic 03. Furious 04. Hip Hop 05. Gimme My Money 06. Red Light Green Light 07. Shotgun 08. Homicide (Feat. Vendetta) 09. Yes 10. Glock 9 11. Quinine 12. Push 13. He Got A Problem
Review: Zu diesem Mann muss nichts mehr gesagt werden - Nine ist eine Klasse für sich, die einen einmaligen Weg hinter sich hat. War er nach seinem 96er Klassiker "Cloud 9" höchstens noch im Gespräch, wenn Leute die Frage "Was ist eigentlich aus Nine geworden?" stellten, so erfolgte vor ein paar Jahren das Comeback. Obwohl er aus dem überfüllten Game einen Schritt in den Schatten tat, war er nicht untätig und meldete sich 2007 mit einer Kollektion der Werke aus den Jahren 1999-2003 zurück. Da konnte man es schon hören: Der Mann mit der Reibeisenstimme hat es nicht verlernt. Genau dieser Umstand schraubt natürlich die Hoffnungen nach oben, dass bei dem neuen Album "Quinine: The Overseas Shipment" hochqualitatives Material um die Ecke kommt.
Wahrscheinlich ist es zuviel erwartet, wenn man auf Großtaten im Stile des epischen "Make Or Take" oder des todfinsteren "Every Man 4 Himself" hofft. Die Rap-Geschichte lehrt, dass die meisten Comebacks der letzten Jahre große Fehler waren, weswegen man wohl schon zufrieden sein darf, wenn Nine seinen Namen nicht durch den Schmutz zieht. Doch es macht nicht den Anschein - auf den Mainstream-Markt schielt er sowieso nicht (man achte nur auf die mickrige Promotion, die dieses Album erfuhr) und auch sonst steht er mit "Quinine" wieder da, wo er gute 15 Jahre zuvor ebenfalls schon war: Es gilt, das Game aufs Neue zu entern. Was Nine's eigenen Ankündigungen dann jedoch folgt, ist eine Dreiviertelstunde, die Nine-Fans eher ernüchtern sollte. Der Bronx-Native macht sich hier zwar nicht lächerlich, sondern bleibt seiner Linie treu und ist damit auch einer der wenigen, die dieses Jahr noch die raue NY-Schiene fahren; aber andererseits scheint es, als wäre an einigen Stellen die Luft raus. Das liegt einerseits daran, dass die altbekannten Themen teils wenig attraktiv verpackt werden, und außerdem an den Produktionen, die nicht wirklich zu Nine passen: "What's Done Is Done" ist zwar thematisch als Hinführung auf dieses Album sehr gelungen, bietet jedoch mit dem gemächlichen, freundlichen Streichergewand ein zu geringes Gegengewicht zum stimmlichen Schwerkaliber Nine. Doch er selbst ist auch nicht mehr über jeden Zweifel erhaben: Was er in "Red Light Green Light" an lüsternen Ausführungen über seine Fantasien mit dem anderen Geschlecht auftischt, ist schlichtweg plump:
"I'm headstrong, Teflon under my white tee Cause there's a few places where niggas don't like me But the ladies like me, and I like ladies I don't even have to know her and I'm callin' her baby Hey baby, baby, listen to me baby Let's get together, maybe we can have a baby Jump on, jump off, baby you so mean I'm so hot, I'm so cold, I'm both extremes"
Glücklicherweise begnügt sich Nine für den größten Teil damit, seine Realness in allen Einzelheiten breitzutreten. Natürlich geht es immer noch um Gewalt und Verbrechen, die nötigen Hilfsmittel auf dem Weg zum Dinero, das schon in den 90ern ausreichte, um einen Klassiker mit Inhalten zu füllen. Doch die trostlose Reality-Rap-Sichtweise, die auch bei Nine immer durchschien, hat sich hier verflüchtigt und weicht einem gewöhnlichen Tonfall - wie etwa in "Shotgun", das über einfältiges Piano-Loop Nine's Waffensammlung personifiziert. "Quinine" klingt zu simpel, um zu überzeugen, "Yes" bemüht ein altbekanntes Sample, während auf ein Neues groß aufgeschnitten wird. In einigen Tracks wendet sich Nine dann sogar anderen Themen zu: "Hip Hop" ist die fast schon pflichtmäßige Analyse des Genres, die zwar keine wirklichen Antworten bietet, doch trotzdem nett hergerichtet wird. Das viel zu langsame Tempo steht Nine allerdings ganz und gar nicht. Weitaus besser - und ein Fingerzeig darauf, wie dieses Album eigentlich hätte ablaufen müssen - ist dann "Furious": Die stete Drumline und der dezent wallende Hörnerteppich treiben Nine an, der (dem Titel gemäß kurzzeitig zur richtigen Stimmung findet und den Hörer mit einer gesunden Portion Wut übergießt ("All the time, I find I'm mad at something / [...] / I'm bout peace, long as I get my piece, man / You said you gangster?, you fuckin' with police, man!". Bevor das Album mit "Push" wieder in mittelmäßige Strukturen zurückfällt und mit "He Got A Problem" einen gelungenen Ausstieg hinlegt, tut sich noch das von Streichern angetriebene "Glock 9" hervor:
"Sometimes you gotta remind these niggas how soft they is Sometimes you gotta aim the Nine right at they kids By kids I mean balls, tell him you gon' blow his dick off"
Die Geschichte kommt einem bekannt vor: Obwohl "Return Of The Hardcore" nur als Mix-Album und Vorreiter für das neue, echte Album hätte fungieren sollen, ist es letztendlich die bessere der beiden Scheiben. Genau das macht "Quinine" wohl so enttäuschend. Zu selten wird wirklich Fahrt aufgenommen, zu selten bekommt Nine hier angemessene Produktionen. Doch selbst wenn, so würde das Feuer der Neunziger wohl ausbleiben. Zu erwarten war vielleicht ein wenig mehr, doch im Endeffekt darf man froh sein, dass Nine kein gähnend langweiliges oder gar schlechtes Album vorlegt. Wirklich gut ist "Quinine" mit seiner abschnittsweisen Mittelmäßigkeit zwar auch nicht, schießt jedoch knapp daran vorbei und sollte zumindest ein paar Songs bieten, die dem Nine-Fan positiv in Erinnerung bleiben.
Dr. Ama / Dark Skinned Assassin - Split Personali-d
Release Date: 21. April 2009
Label: Chamber Musik Records
Tracklist: 01. Keep It In Da Street (Feat. Blackk Starr & Young G) 02. We Run It 03. Get It Straight (Feat. Blackk Starr & Haxaw) 04. No More Games 05. Real Wit It (Feat. Yaniece & Fresh Jones) 06. I'm Down (Feat. Block McCloud & Blackk Starr) 07. M.O.N.E.Y. 08. Stick Up Chronicles (Feat. Blackk Starr, Blackk Money & Young G) 09. So Close (Feat. J Maul) 10. Quiver 11. Move Me 12. We Not Yall (Feat. 7OD & Block McCloud) 13. Lay Em Down (Feat. Stretch Strong Arm & Blackk Starr) 14. NY Get It In (Feat. Block McCloud, Blackk Starr & Castro) 15. Be Serious (Feat. Block McCloud) 16. You Didn't Know 17. It's Mine 18. P.R.O. 19. The Don'ts (Feat. Block McCloud & Blackk Starr) 20. The Wake Up Show (Feat. Block McCloud)
Review: Man sehe und staune, was Chamber Musik hier ausgegraben hat: Der Dark Skinned Assassin war einer der unzähligen Künstler, die Mitte der Neunziger ein paar Singles veröffentlichten und damit bis heute währenden Respekt einheimsen konnten. Was DSA (der zudem eine Wu-Affiliation vorzuweisen hatte) an der Verfolgung seiner Träume und einer weiteren Rap-Karriere hinderte, war Vater Staat: Nachdem er drei Jahre abgesessen hatte, war der Zug für ihn mehr oder weniger abgefahren. Also bleibt DSA vorerst in der Versenkung, taucht ab und an auf Mixtapes auf und legt sich außerdem ein Alter Ego zu - Dr. Ama. Damit liegt der Albumtitel "Split Personali-d" nicht mehr fern, und möglich gemacht wird das Zustandekommen des ersten Longplayers durch G-Clef und sein Label, die den dunkelhäutigen Assassinen in ihrer Frühjahrs-Release-Reihe unterbringen.
Die Persönlichkeit ist geteilt, die Produktion dagegen geschlossen. Für dieses Album konnte Falling Down gewonnen werden, der gerade frisch von Fes Taylor's Ocean Drive zurück ist, um sich diesem, schon im Design weitaus dunkler gestalteten Werk zuzuwenden. Eigentlich kennt man Falling Down ja als einen der unbekannteren Produzenten aus dem Wu-Umfeld und speziell für seine Beiträge auf dem dritten Killarmy Album - hier sei nur das geniale "Originators" genannt. Doch seit dem erbärmlichen Erzeugnis, das er Lil' Flip unter den Allerwertesten setzte ("I'm A Balla", ist das Vertrauen weg. Dabei ist es wohl gerade eine durchgehend solide Produktion, die für ein Gelingen vonnöten wäre. Denn das Rappen hat der Doktor Ama nicht verlernt, was er den Hörer auch spüren lässt: Ein bärenstarker Flow berichtet auf diesem Album von den alltäglichen Struggle-Themen. Wer ein Konzept-Album vermutete, der wird eher enttäuscht: Kein DSA Vs. Ama oder ähnliche Spielereien à la Cassidy im Intro, auch sonst merkt man nicht viel von Ama's Zwiespalt. Man hätte sich Dr. Ama also eigentlich auch sparen können - zumal die Apronymisierung (Deadly Rhyme Alters Man's Attitude) viel zu gezwungen und sinnlos klingt, um zu verbergen, dass sie im Nachhinein auf Biegen und Brechen erfunden wurde. Doch nun zur Musik: Es lässt sich erleichtert feststellen, dass Falling Down die richtige Atmosphäre gefunden hat. Auch wenn man sich nicht vom Cover fehlleiten lassen sollte - eine düstere Horror-Show bleibt aus - so kann das Album doch keinesfalls mit dem kürzlich erschienenen Solo von Fes Taylor verglichen werden. "Keep It In Da Street" läutet die Scheibe mit vollem Tempo ein und stimmt den Hörer auf 20 Songs voll harter Drumlines und straßenorientierter Rhymes ein. Letztere kommen nicht etwa nur von DSA selbst: Das Album gleicht vielmehr einem Schaulaufen der (meist unbekannten) Viellzahl an Emcees. Block McCloud ist inzwischen mehr oder weniger bekannt, und neben seinen fünf weiteren Auftritten hat seine Hook in "We Not Y'all" den höchsten Replay-Wert. Doch man vergreift sich auch ab und an im Ton: "P.R.O." wendet sich in unangenehmer Art und Weise dem weiblichen Geschlecht zu, während "Quiver" viel zu hektisch gerät und spätestens ab der Hook zum Skip-Kandidat wird. Doch der Rest fällt überraschend gut aus: "NY Get It In" ist ein frecher Ohrwurm übers altbewährte Geldscheffeln, in "Be Serious" (mit mäßigem Beat) stellt man sich der Szene gegenüber ("50 Cent's the hardest? Be serious! Ludacris the livest? Be serious! Lil Wayne the greatest? Be serious!" und "I'm Down" lässt es mit Pitch-Voice etwas ruhiger angehen. Die wirklichen Highlights gibts es dafür nicht im Überfluss: "It's Mine" feiert sich in allerbester Manier selbst und tischt über jegliche Zweifel erhabene Lines auf, während Falling Down in "So Close" die beste Arbeit auf dieser LP abliefert und damit Ama's Ausführungen über eine Freundschaft, die sich in Neid und Gier entzweit, unterstützt.
Die Bilanz hinterlässt zwei Skip-Tracks und zwei herausragende, die aus der sonstigen Vielzahl an gelungenen Stücken herausstechen. Ganz der roughe Street-Sound, den man sich insgeheim vielleicht gewünscht hat, ist es nicht geworden; mit den Singles aus den Neunzigern hat es selbstverständlicherweise auch nichts zu tun und letztendlich sollte sich hier jeder selbst eine Meinung bilden, doch ganz generell geht die erste Runde Props an Chamber Musik, die dieses Album (sowie das "Sex, Crime & Audiotape" Mixtape im Jahr zuvor) möglich gemacht haben. Auch DSA verdient Respekt - dass nach einer so zerfurchten Karriere immer noch die Motivation für ein Album da ist, ist nicht selbstverständlich. Vielleicht hätten es ein paar weniger Gäste auch getan, denn notwendig sind sie nicht. Ansonsten sind in Anbetracht der langen Spielzeit die geringen Einbußen in Sachen Qualität beachtlich und machen "Split Personali-d" zu einem gerade noch guten Album, auf das Chamber Musik mit Recht stolz sein kann.
Tracklist: 01. Intro 02. Komm lass uns spielen (Feat. Noy Riches) 03. Ich, nur ich 04. Darum 05. Er mag es so 06. Stossstange 07. Ihr seid´s 08. Komm klar 09. Negative Energie 10. Du nicht 11. Wellenbrecher 12. Du bist... 13. Guter Mensch 14. Hantelkuss 15. Mein Haus 16. Flockendreck 17. Schlecht geschlafen 18. Reisszwecke 19. Warteschild (Feat. Retrogott) 20. Stereosumpf 21. Leer Tonnen 22. Für dich, für mich 23. Steh´ daneben 24. Mitternachtssonne 25. Tatsache
Review: Als Rapdeutschland lange Zeit vergeblich auf eine Brise frischen Wind gewartet hat und schliesslich durch Veröffentlichungen befriedigt wurde, die stark an dem Sound der alten Schule orientiert waren, sprang auch Sylabil Spill mit auf den Zug, in dessen Führerhaus Huss & Hodn saßen, und brachte die EP "Freunde? Nein!" heraus, die genau so positiv aufgenommen wurde wie "Jetzt schämst du dich!", die erste LP des oben erwähnten Duos. Plötzlich stand das bis dato unbekannte Label Entourage für hochwertige Musik und mauserte sich, eventuell auch unfreiwillig, zum Aushängeschild der "neuen" deutschen Rapmusik. Ob diese Musik noch den gleichen erfrischenden Effekt hat wie letztes Jahr, muss allerdings erst festgestellt werden.
Den potenziellen Käufern, die Wert auf abwechslungsreiche Alben legen, sei direkt von vornherein gesagt, dass sie von diesem Langspieler besser die Finger lassen. Denn von Abwechslung ist hier nicht der Hauch einer Spur auszumachen. Selbst Titel wie "Mitternachtssonne" oder "Guter Mensch" dienen nur als Verkleidung für Tracks gegen "Wack MCs" oder sonstige Feinde von Sylabil. Was insbesondere bei "Guter Mensch" eigentlich schade ist, liegt diesem Song doch ein herrlicher Soulsample-Beat von Hulk Hodn zu Grunde, den manch ein MC mit lyrischen Ergüssen der tiefsinnigen Sorte zu einem wahren Meisterwerk hätte vollenden können. Das soll aber keineswegs heissen, dass die Umsetzung von Herrn Spill nicht zu gefallen weiss. Schon beim Intro des Tracks kann sich jeder, der mit (Achtung: Nicht zweideutig zu verstehen!) schwarzem Humor etwas anfangen kann, köstlich amüsieren. Zur endgültigen Überstrapazierung der Lachmuskeln kommt es dann bei Lines wie:
"Du hattest drei Probleme: Du wurdest geboren, lebtest und unternahmst nix dagegen"
Sehr simpel gehalten, aber durchaus unterhaltsam. Von derartigen Anspielpunkten und Zeilen gibt es, wie bereits erwähnt, mehr als genug auf dieser CD. Wenn diese dann mit so hervorragenden Beats untermalt sind, wie es zum Beispiel bei "Mein Haus" der Fall ist, dann kann man sich damit auch anfreunden und wird an dieser Art von Musik seine unermessliche Freude haben. Für den gerade genannten Tune saß übrigens kein Geringerer als Sylabil Spill selbst an den Reglern, wofür er einiges an Lob verdient hat. Was den Protagonisten so unglaublich symphathisch macht, ist seine arrogante und ignorante "Ich geb einen Fick auf den Rest und bin sowieso besser"Attitüde, die noch deutlicher ausfällt als bei Huss & Hodn. Diese Attitüde sticht ganz eindeutig auf dem düsteren und stark nach Krieg klingenden "Du nicht" hervor, indem Sylabil Spill unaufhaltsam alles aufzählt, was ihn ausmacht und über den gesamten Rest deutscher Rapper erhebt. Ob das alles der Wahrheit entspricht sei mal dahingestellt, dass der Entourage-Soldat sein Handwerk nicht versteht, kann man ihm aber definitiv nicht vorwerfen. Da die aggressive Vortragsweise des aus dem Kongo stammenden MCs auf Dauer doch etwas nervenaufreibend ist, freut man sich über jegliche Abwechslung. In Form eines Tracks taucht diese Abwechslung allerdings nur einmal auf, nämlich auf "Schlecht geschlafen". Sylabil erläutert einige seiner schlimmsten und härtesten Träume, die so manchen Menschen sicherlich zu einem Besuch beim Therapeuten zwingen würden. Doch da diese Alpträume nicht wirklich minder aggressiv vorgetragen werden, muss sich der Hörer bis "Warteschild" gedulden. Dem immerhin schon 19ten Anspielpunkt der CD. Hier findet man die erhoffte Abwechslung in Form der etwas ruhigeren Art von Retrogott . Dass sich auch seine Einstellung gegenüber whacken MCs nicht im geringsten verändert hat, ist unschwer an Lines wie folgenden zu erkennen:
"Du bist kein Rapper, nur weil sie bei MTV / und VIVA über deine Lieder reden / deine Augenlider legen sich schlafen / Wo ein Meer ist, ist auch ein Hafen / Wo ein Whack MC ist, sind die Beleidiger zur Stelle / Du machst keinen Sinn wie ein Satz ohne Begriff"
Weitere Tracks genauer zu betrachten ist meines Erachtens nach nicht notwendig, da sich der Rest des Albums zu den bereits erwähnten Songs verhält, wie roter zu grünem Wackelpudding. Und ich meine wirklich den gesamten Rest des Albums, welches immerhin 25 Tracks beinhaltet.
Natürlich ist das alles sehr amüsant, was Sylabil Spill hier zu sagen hat. Und natürlich finden sich unter all den Oldschool-Beats auch einige Perlen wieder. Das Album ist in seinen stärksten Momenten auf jeden Fall feierbar, aber dazu muss ich leider auch sagen, dass Sylabil eben nicht gerade der beste Rapper ist. Er bringt in den meisten Fällen sehr einfache Reime, flowt ständig gleich und macht im Endeffekt auch nichts anderes als Westberlin Maskulin oder MOR, nur halt ein paar Jährchen später. An für sich ein gutes Album, das aber nicht sonderlich aus der Masse heraussticht und sich nach ein paar Hördurchgängen bereits zu den totgehörten Alben zählen darf. Eventuell tut sich Sylabil selbst einen Gefallen, wenn er auf seiner nächsten LP auch mal Thementracks platziert.