Tracklist: 01. Intro 02. ALC Theme (Feat. Kool G Rap) 03. Lose Your Life (Feat. Snoop Dogg, Jadakiss & Pusha T) 04. Chemical Warfare (Feat. Eminem) 05. Grand Concourse Benches (Feat. KRS-One) 06. Therapy (Feat. Evidence, Blu, Talib Kweli & Kid Cudi) 07. That'll Work (Feat. Three 6 Mafia & Juvenile) 08. Smile (Feat. Twista & Maxwell) 09. Keep The Heels On (Feat. Prodigy) 10. Acts Of Violence (Feat. Gangrene, Roc C & Crooked I) 11. Lights, Cameras, Action (Feat. Lil Fame) 12. Some Gangster Shit (Feat. Fabolous) 13. On Sight (Feat. Dogg Pound & Lady of Rage) 14. Take A Look Back 15. Under Siege (Bonus) (Feat. Gangrene)
Review: Auch unter den Produzentenalben gibt es Scheiben, auf die man sich tatsächlich freut. So dürfte es den meisten beim neuen Werk von The Alchemist ergehen. Vom Mann im Hintergrund, der den Spagat zwischen Mobb Deep und Dilated Peoples meistert, ging es stets bergauf. Sein 2004er "1st Infantry" konnte in einer Zeit Akzente setzen, in der es monatlich noch keine zehn Produzentenalben hagelte. Inzwischen gehört er - ganz gleich, ob man es für gerechtfertigt erachtet - zu den angesehensten Größen hinter den Knöpfchen. "Chemical Warfare" ist das seit langem angekündigte zweite Album, das nun endlich erscheint und sogar eine EP ("The Cookbook" EP, die im November des letzten Jahres herauskam) als Vorspeise vorzuweisen hat.
Die Stärke von "1st Infantry" war, dass es die schon damals sehr unterschiedlichen Künstler unter einen Hut bekam. Bei "Chemical Warfare" wird dieses Unterfangen noch gewagter, da die Bandbreite der Gäste diesmal noch weiter auseinandergeht. Auch beim Alchemisten selbst (bzw. seinem Produktionsstil) hat sich einiges geändert - und das nicht nur, weil er den DJ für Eminem spielt. Vor fünf Jahren wäre es kaum vorstellbar gewesen, dass es sich die Three 6 Mafia zwischen Evidence und Twista gemütlich macht. Doch prinzipiell ist dem Motto "Wer rastet, der rostet" nichts entgegenzusetzen, und wenn man mit der "Cookbook" EP nicht vertraut ist, betritt man dieses Album vorwiegend unbelastet. Für das Wesen der Platte interessant ist der Skit, in dem die sogenannte "Nation of Backpackers" eine Diskussion mit den "Street Cats" (wobei die jeweiligen Vertreter natürlich keine Klischees auslassen) über die ALC-Beats austrägt. Auf dem Album selbst stellt sich diese Frage nicht, da ein solcher Zwiespalt seitens der Instrumentals gar nicht existiert; hier eröffnet sich kein nennenswerter Bruch. Muss also nur noch die Qualität unter die Lupe genommen werden, und hier sieht es dann schon ganz anders aus: Sowohl die veränderten Ansprüche als auch die Gäste sind für das Album beizeiten Gift. Man stecke doch KRS bitte in einen Schrank und lasse ihn dort verstauben, anstatt ihn einmal mehr mit seiner tausende Male durchgekauten Geschichtsstunde über ein - in diesem Fall auch noch lusches - Instrumental zu jagen. Das Feature mit Eminem war wohl Pflichtprogramm und kommt mit eineinhalb Minuten nur in der Slim-Version, was Mr. Shady aber ausreicht, um mit seinen nervig geflöteten Raps den sowieso schon langweiligen Beat zu schänden. Dabei unerwähnt ist bisher die Tatsache, dass Alchemist inzwischen selbst zum Großmeister am Mic avanciert ist und seine Hörer diesen Umstand auch spüren lässt. Doch der Mann hat schlicht und ergreifend eine langweilige Stimme, zu der sich die mäßigen Skills noch hinzusummieren. Nichtsdestotrotz bekommt man in "Take A Look Back" (das einen vorzüglichen Beat auffährt) die volle Ladung, ebenso wie G Rap aus diesem Grund im sonst starken "ALC Theme" auf nur eine Minute reduziert wird. Natürlich gibt es auch, bedingt, Gutes zu vermelden: "Therapy" (bereits von der EP bekannt) schwingt sich auch hier mit seinem freshen Gitarren-Sample zum Highlight auf, während die Südstaatler dank eines guten Beats in "That'll Work" gut hörbar sind. Dass die Pop-Hure Twista in "Smiling" ihre flinke Seite zeigt, macht den Zwischenspurt guter Songs zu einem flotten Dreier. Denn dann kommt Prodigy, der "Keep The Heels On" mit billigsten Sex-Raps in die Kacke reitet. Fabolous fällt als irrelevant unter den Tisch, Lil Fame hat mit einem bereits (fast) identisch verwursteten Sample hart zu kämpfen (und verliert mit seinem Gebrüll gegen das QB-Aufgebot, das die Molemen auf ihren Track einluden). Man streiche das gangsterische Backpfeifen-Ensemble in "On Sight" sowie die Snoop Dogg-Hook und dem auf Dauer eintönigen Beat in "Lose Your Life" und es verbleibt nur noch Gangrene, das neu gegründete Duo aus Alchemist und Oh No, das sowohl mit Roc C und Crooked I als auch im abschließenden Bonus-Track im guten Durchschnitt bietet.
Als Fortsetzung zu "1st Infantry" darf man "Chemical Warfare" als missglückt bezeichnen. Zu viele verschiedene Gäste schicken die Platte unters Schafott der alltäglichen Produzentenalben, was allerdings zu einem nicht unbedeutenden Anteil auch ALC zuzuschreiben ist, da selbiges Unterfangen auf der letzten Platte noch funktionierte. Er ist ohne Frage ein großer Producer, scheint das auf diesem Album jedoch vergessen zu haben. Gut die Hälfte der Songs ist Allerweltsmaterial - eine tödliche Quote. Anhören kann man die Scheibe trotzdem (meist) problemlos, nur die Erwartungen sollten zurückgeschraubt werden, denn "Chemical Warfare" ist nicht mehr als Durchschnitt.
Tracklist: 01. Intro 02. Lass ihn Raushängen 03. Kennst du des auch (feat. She-Raw) 04. Christina 05. Hier und Hustle 06. Rock n' Roll 07. Horizont (feat. Jonesmann) 08. Kein Einzelfall (Interlude) 09. Kein Einzelfall 10. Moderne Frau (feat. C.J Taylor) 11. Schocktherapie 12. Mein Leben 13. Hand aufs Herz (feat. Manuellsen) 14. Mach Money 15. Flieg mit mir 16. Danke (All meine Liebe) (feat. Jonesmann) 17. Ich verdien' meins 18. Was wär ich (Outro) 19. Against the wall (feat. Petey Pablo) (Bonus) 20. Das ist Frankfurt (Bonus)
Review: Blaze ist bereits 27 Jahre alt und trotzdem bringt er erst jetzt sein Debütalbum auf den Markt, was aber nicht heissen soll, dass er ein unbeschriebenes Blatt ist. Nein, Blaze hat einfach nur auf den richtigen Zeitpunkt gewartet, um sein Debüt auf die Masse loszulassen. Vorher hat er die Zeit genutzt um sich als MC weiterzuentwickeln. Viele werden ihn sofort mit Jonesmann in Verbindung bringen, denn schliesslich haben die beiden schon einiges zusammen auf Tönträgern fabriziert. Ich erinner mich da beispielsweise an sehr gute Kollabos auf "Macht, Käse, Flows & Cash", dem Mixtape von Jonesmann. Nun wollen wir mal schaun, ob die Flamme es fertig bringen kann ein ganzes Album alleine zu leiten.
Das "Intro" ist defintiv schon mal sehr hörenswert. Auf einem unaufhaltsam rollenden Beat legt Blaze die Zeilen mit seiner markanten Stimme perfekt in den Takt um anschliessend auf "Lass Ihn Raushängen" seinen unfassbaren Swagger zu demonstrieren. Wer bei dem Titel sofort an die primären Geschlechtsteile eines männlichen Wesens denkt, ist leider schief gewickelt. Blaze lässt den Frankfurter raushängen und das hat nichts mit den bekannten Würstchen zu tun. Lex Barkey hat dazu einen bangenden Clubbeat geschaffen der perfekt zu der Performance von Blaze passt. Das erste Feature She-Raw weiss auf "Kennst Du Des Auch" wieder einmal mit ihren beeindruckenden Gesangskünsten zu überzeugenden, während Blaze uns ein wenig von seiner Kindheit erzählt: "Ich hab nächtelang am Fenster gesessen / aus dem zehnten Stock raus, versucht die Welt zu entdecken". Anschliessend geht es mit einem unglaublichen Ohrwurm namens "Christina" weiter, in dem auch Blaze andeutet, dass er nicht der untalentierteste Sänger ist. Nach spätestens drei mal Hören will die Hook einfach nicht mehr aus meinem Kopf verschwinden. Sureshot. Und damit wäre es an Highlights noch nicht genug. "Hier Und Hustle" spielt ebenfalls in der ersten Liga. Blaze schafft es, das Strassenleben als erwachsener Mensch zu repräsentieren und nicht als pubertierender Möchtegern-Gangster. So ist Strassenrap hörbar. Mein persönlicher Lieblingstrack allerdings ist das folgende "Rock ´n´ Roll". Bei der Hook erwisch ich mich selbst beim mitgröhlen und hör mich dabei an wie Joe Cocker bei den Slipknots. Der Track ist jedenfalls genial und ohne gezielt daraufhin anzuspielen hat er durchaus Ambitionen auch die Charts ordentlich aufzumischen. Und auch "Horizont" mit Jonesmann bewegt mich nicht dazu die Skip-Taste zu betätigen. Ganz im Gegenteil, denn gerade S.J. bringt seine beste Gesangsperformance seit langem. Ein guter Track auf "Schocktherapie" ist jedenfalls "Kein Einzelfall", wie gleichnamiger Track beweist. Blaze zeigt, dass er als Rapper sehr flexibel ist und auch kein Problem damit hat eine Story gut rüberzubringen. Doch nun sind wir mit "Moderne Frau" bei dem absoluten Totalausfall des Albums angekommen. Der Beat geht mir nach den ersten paar Takten schon sehr gegen den Strich und weder Blaze noch C.J. Taylor von Rapsoul schaffen es, das auszugleichen. Doch vielleicht war das nur eine Art "Schocktherapie", denn anschliessend geht es wieder stark aufwärts. Während Blaze seine eigenen Erlebnisse auf der Strasse präsentiert apelliert er gleichzeitig an all die Wannabe-Gangster, von denen die wenigsten je Erfahrungen mit der Strasse gemacht haben. "Mein Leben" dreht sich zwar thematisch um ziemlich das selbe, aber auch der Track geht klar. Wenn man sich "Hand aufs Herz" anhört, muss man sich fragen was Manuellsen dazu bewegt hat, das Mic an den Nagel zu hängen, denn er und Blaze spucken auf diesem starken Instrumental wirklich brennende Strophen. Anschliessen folgen mit "Mach Money" und "Flieg Mit Mir" zwei unterdurchschnittliche Tracks, was vor allem an den Beats liegt, die mir beide nicht gerade gut ins Ohr gehen, und dem erzwungen klingenden Autotune-Einsatz bei "Flieg Mit Mir". Deshalb sag ich "Danke", dass es beim nächsten Anspielpunkt mit Jonesmann wieder Spaß macht, Blaze zuzuhören. Insgesamt hab ich mittlerweile sowieso das Verlangen nach einem Kollaboalbum der beiden Frankfurter. Nach dem ersten Hördurchgang fand ich "Ich Verdien Meins" ziemlich grottig, wenn ich ehrlich bin, aber nachdem ich es mehrmals gehört habe, hat es mir der Track irgendwie angetan, denn die arrogante Art und Weise, wie Blaze hier stylt steht ihm verdammt gut. Nach dem sehr guten Outro "Was Wär Ich" hat Blaze noch zwei Bonustracks für uns parat, wovon "Das Ist Frankfurt" um einiges stärker ausfällt, als das belanglose "Against The Wall" mit Petey Pablo.
Auch wenn die Flamme noch keinen Waldbrand ausgelöst hat, so hat er doch zumindetens für ein paar Lichtblicke gesorgt. Klar, viele werden ihm vorwerfen, dass das ganze Album zu amerikanisch klingt, aber wer will es dem Frankfurter schon verdenken, hat er doch eine längere Zeit in den vereinigten Staaten von Amerika gelebt. Ich hab jedenfalls festgestellt, dass Blaze mit seiner markanten Stimme, eine sehr dichte Atmosphäre schaffen kann, wenn er denn die richtigen Beats hat. Leider hat er das ein oder andere mal eine nicht gerade glückliche Beatauswahl getroffen. Trotzdem sollte man auf den Frankfurter auch in Zukunft seine Augen und Ohren werfen.
Tracklist: 01. Niemandsland 02. Drachenkampf 03. Guiness 04. Nur ein Traum 05. Regenmacher 06. Verbal Dali (Feat. 7th Sine) 07. Müsli 08. Irrtum, Irrtum (Feat. Lance Carvell) 09. Übermacht 10. Die Schere 11. NBG (Feat. Claudia K.) 12. Ignoranz (Feat. Inflabluntahz) 13. Open Your Mind (Feat. Nino Berry) 14. Der Traum (Feat. Lance Carvell) 15. Gesichter 16. Dämonen (Feat. Tanguy) 17. Equilibrium 18. Klatsch! 19. Hör dir die an (Feat. Lance Carvell) 20. Hunger 21. German Shaolins (Feat. Inflabluntahz) 22. Verlorene Träume 23. Trip durch die Stadt (Feat. B.A.G.I.) 24. Nemesis, Nemesis! 25. Raus hier (Feat. Sarah-Ann)
Review: Ihr kennt Nemo Nemesis noch nicht? Laut eigener Aussage ist er geschätzte mehrere Milliarden Jahre alt, unermesslich groß und hat bereits alle Galaxien, Sonnensysteme und Planeten hinter sich gebracht. Wem das nicht weiterhilft, der sollte sich mal seine bisherigen Releases "Abfall", "Fragmente 2000-2006" und "Omen" zu Gemüte führen, die allesamt sehr hörenswert sind. Hier haben wir es mit seinem neuesten Release zu tun, welches über Flytime Music veröffentlicht wurde und einen Querschnitt von Nemos Arbeit in den letzten drei Jahren aufzeigen soll.
Es sollte jedem klar sein, dass bei 25 Anspielpunkten, die zudem noch zwischen 2006 und 2009 entstanden sind, nicht jeder Track ein Highlight ist. Doch was man bei diesem Mixtape sehr schön beobachten kann, ist die Entwicklung, die der Nürnberger in dieser Zeit durchgemacht hat. Vergleicht man beispielsweise das 2006 aufgenommene "Nur ein Traum" mit dem letztjährigen Rap4Fame-Exclusive "Raus hier", auf dem Sarah-Ann wieder mal eine bezaubernde Hook beisteuert, die sich auch vor gestandenen Sängerinnen nicht zu verstecken braucht, dann kann man durchaus, wenn auch feine, Unterschiede feststellen. Auf dem neueren Song weiß Nemo viel besser, wie er mit seiner Stimme, die einen hohen Wiedererkennungswert besitzt, umzugehen hat, sodass diese fast schon wie ein weiteres Instrument in dem von DJ Smoove stark produzierten Beat wirkt. Außerdem zu gefallen weiß der Fakt, dass man in seinen Tracks viel mehr über Nemo Nemesis in Erfahrung bringen kann, als er außerhalb der Musik von sich bekannt gibt. Er schafft es, tiefsinnige, selbstreflektierende Songs zu schreiben, ohne dabei ins Peinliche abzudriften. So erfährt man etwas über Nemos "Verlorene Träume", die trotz der etwas daneben geratenen Hook positiv ausgefallen sind, oder seine Heimatstadt Nürnberg, der mit "Niemandsland", "NBG" und "Trip durch die Stadt" gleich drei Tracks gewidmet sind, die mehr ("Niemandsland" oder weniger ("NBG" gut geworden sind. Doch der stärkste Tune erwartet den Hörer mit "Gesichter", der durchaus in der Lage ist, Gänsehaut hervorzurufen:
"Willkommen im Staat, in dem die Menschen frei sind So frei, dass sie beherrscht werden von hunderttausend klein' Dingen Wie Handys und Styling Viele reißen sich jeden Tag ihren Arsch auf, nur um trendy zu bleiben Die unendlichen Weiten des WWW Fesseln die Kids jeden Tag stundenlang an den PC Und es tut weh zu sehn, dass ich in allem drinsteck Und viel zu selten erwach und den wahren Sinn check"
Wahre Worte, die Nemo da über den langsamen und mystisch wirkenden Beat von Spooky Dee spuckt. Ein enges musikalisches Verhältnis scheint der Protagonist mit dem ebenfalls aus Nürnberg stammenden Lance Carvell zu pflegen. Dieser liefert auf "Irrtum, Irrtum!", "Der Traum" und "Hör dir die an" neben Nemesis derart lässige Parts ab, dass diese Songs locker zu den Highlights der Platte gezählt werden können. Im Letztgenannten erinnert er gar ein wenig an den jungen Savas. Allerdings hat das Tape auch ein paar Aussetzer zu bieten. Da wäre zum Beispiel das sehr käsige "Müsli" oder der schwächelnde Battletrack "Guiness".
Doch alles in allem haben wir es hier mit einem überdurchschnittlichen Release zu tun. Nemo beweist sich als eigenständiger MC, der jeglichen Trends seinen Mittelfinger vor das Gesicht hält. Er gibt auf symphatische Art und Weise einen Einblick in sein Innerstes, kann Geschichten erzählen und battlen, auch wenn dies nicht sein Spezialgebiet ist. Abschließend sei gesagt, dass man Nemo, wenn man ihn einmal gefunden hat, nicht mehr aus den Augen verlieren sollte und sich auf sein nächstes richtiges Album freuen kann.
Tracklist: 01. Titelblatt 02. Politik 03. Wirtschaft 04. Land und Leute 05. Kultur 06. Wissen 07. Sport 08. Kontaktanzeigen 09. Stellenangebote 10. TV Programm 11. Wetter 12. Todesanzeigen
Review: Bei der Entdeckungsreise durch die Foren und Portale dieses HipHop-Landes landete irgendwann eine EP namens "Smart und weise" auf meinem Rechner, die ich erst wirklich anhörte, als ein gewisser Umse 2007 zum "MySpace Most Wanted" als Opener auf das HipHop Open gewählt wurde. Nun ist meine Sammlung um ein super Release reicher. Intelligente, sehr gut gereimte und formulierte Texte flossen da mit einer Gelassenheit und einem Charisma über die Beats, wie man es höchstens von Nico Suave oder den Beginnern kennt. Logisch, dass Umses Debütalbum "Rheinisches Blatt" nun unter die Lupe zu nehmen ist.
Was Umse von vielen anderen Rappern abhebt ist zunächst seine einprägsame Stimme, die seinen Raps eine ungemein angenehme und lässige Atmosphäre gibt. Die musikalische Untermalung schließt hier an und darf sich durchaus als solide bezeichnen, jedoch vermisst man die wirklich herausragenden Schmankerl in Sachen Beats. Am ehesten vergleichen lässt sich die Musik auf "Rheinisches Blatt" mit der "Suave"LP gleichnamigen Rappers. Das Konzept des Albums, die Tracktitel nach Zeitungskategorien zu wählen, macht auf jeden Fall neugierig. Das "Titelblatt" kommt komplett mit jeder Menge verscratchten Deutschrap-Wortfetzen aus, ein Stilmittel, das sich gut gelungen und passend durch viele Tracks zieht. Wenden wir uns nun den einzelnen Seiten zu. Während man hinter "Politik" ein kritisches Statement erwartet, kriegt man nur einen lauen Representer auf die Ohren. Auch erwartungsvolle Titel wie "Kontaktanzeigen" oder "Wirtschaft" sind nicht sehr spektakulär und auch aufgrund der zu gemächlichen Beats recht schlauchend. Im Gegensatz zu der sehr guten Download-EP springt hier der Funke nicht komplett über und oft vermisst man etwas den Pepp in den Songs. Umse macht raptechnisch zwar durchweg eine absolut gute Figur, bleibt jedoch meines Erachtens oft unter seinen Möglichkeiten, auch textlich gesehen. Wenn hier auch der Fokus auf Inhalten statt sinnlosem Gepose liegt, könnten die Texte doch etwas tiefgreifender sein. "Kultur" dreht sich gut umgesetzt um die HipHop-Kultur an sich - exemplarisch an Geschichten über Sprayer und Breaker - und in dem etwas aufgeweckteren Track "Sport" versucht sich der Ratinger MC dazu zu bewegen, sich mal wieder etwas mehr zu bewegen. Eine gute Reimleistung und ein sehr sicherer und lockerer Flow halten ein raptechnisches Niveau, das nicht sehr spektakulär, aber konstant hoch ist. „Land und Leute“ gehört wie "Sport" zu den besten Tracks und rekapituliert Umses Live-Dasein. Hier sorgen vor allem die lebhafteren Beats für gute Stimmung und mehr in dieser Richtung wäre wünschenswert. Leider bleiben auch die Tracks "Todesanzeigen" oder "TV Programm" nicht wirklich im Ohr hängen, trotz ordentlicher Rapshow.
Von dem interessant anmutenden Konzept des Albums als akustische Zeitung hätte ich ehrlich gesagt mehr erwartet. Vielleicht erwartet man von den Tracktiteln auch automatisch einen Inhalt, der klassisch in die entsprechende Richtung geht. Umse jedoch bezieht viele Themen eher auf sich und sein Leben als auf die Allgemeinheit. Das größte Manko des Albums ist jedoch, wie schon erwähnt, dass es einfach zu gemächlich und relaxt ist und so viele Tracks leider ziemlich schnell langweilig werden und damit einige wirklich gute Texte an Drive beim Vortrag einbüßen. Doch ich will das Album damit nicht schlecht reden, denn eine durchdachte, weitestgehend phrasenfreie und kreative Platte ist heute leider selten und somit ist es schön, dass es noch clevere Jungs wie Umse gibt, die den Zeigefinger auch weitgehend stecken lassen. Nach dem Reinhören in diese LP solltet ihr euch auf jeden Fall auch die kostenlose "Smart und weise" EP runterladen.
Tracklist: 01. Intro 02. Take What is Given 03. Back with VIC 04. Work It 05. Sittin' In My Car 06. Drinks In The Air (Feat. Vanessa Liftwig) 07. Animals And Horses (Feat. Kadi) 08. Benetton (Feat. MC Serch & MF Doom) 09. Rain On (Feat. Co Campbell) 10. Wake Up (Feat. Vanessa Liftwig) 11. Smiling 12. Brand New Day (Feat. Dave Dar & Co Campbell) 13. Mysterious (Feat. Rell) 14. New Heights 15. Back From Up Under (Feat. Max B) 16. Is This the End 17. Prosperous (Feat. Co Campbell)
Review: Was einem hier ins Haus steht, ist ein weiteres 90s-Comeback, doch zudem eines, mit dem nicht unbedingt zu rechnen war. Denn Kurious Jorge, geschrieben mit einem "J" und nicht einem "G", war seit seinem Debüt nicht gerade der geschäftigste. Wieso auch, wenn er 1994 mit "A Constipated Monkey" massenhaft Respekt einfahren konnte. Es folgten einige spärliche Features - vor allem mit MF Doom wurde er häufig in Verbindung gebracht. 2007 schließlich unterschrieb er bei Amalgam Digital, woraufhin sein Debüt re-releast wurde. Knappe zwei Jahre später ist das Comeback perfekt: Kurious bringt "II".
Auch wenn er nach außen hin nicht sonderlich aktiv war, pflegte er anscheinend durchaus gute Kontakte, denn in den hiesigen Credits finden sich eine bekannte Namen wieder (u.a. Hi-Tek). Unabhängig vom Produzent legt Kurious Wert auf ein relaxtes Soundbild, das sich selbstverständlich gut mit seiner Performance verträgt. Denn der Emcee aus Harlem verdankt seinen eigenen Stil vornehmlich der Kombination aus Stimme und Flow, die dem ein oder anderen zu ermüdend erscheinen mag, die jedoch unweigerlich im Gedächtnis bleibt. Und da sich Kurious nicht lange mit Proletengehabe aufhält, sollte sich hier auch niemand an diesem Umstand stören: "II" ist in erster Hinsicht Sommer-Sound. Die Ausnahme sei gleich vorweggenommen: "Animals And Horses" brettert auf dezent durch den Verstärker gejagten E-Gitarren durch die Lautsprecher. Ansonsten lässt es Jorge ruhiger angehen: Schon das "Intro" mit einer kurzen Widmung sowie das die Partie eröffnende "Take What Is Given" sind Vorboten des Albumflairs, der einen bis zum Schluss begleiten wird:
"I don't take shit for granted, or walk slanted Flows like the Atlantic, feet firmly planted"
So unscheinbar wie diese Wörter auch erscheinen mögen, sie lassen sich trefflich auf dieses Album übertragen, auf dem sich der bodenständige MC ab und an ein bisschen Bragging gönnt. Geschichten aus dem Leben haben natürlich ebenso ihren Platz, wie etwa in "Rain On Me", das u.a. von den Auswirkungen auf die Familie eines Freundes nach dessen Ableben berichtet. Auf der anderen Seite stehen Songs wie "Work It", in dem sich der seltene Clubgänger in der VIP-Section niederlässt, ohne dabei jedoch das herrlich entspannte Instrumental (und keinen Clubtrack) von 88-Keys zu vergessen. Auch "Sittin' In My Car" setzt hier an und sollte in erster Linie bei gutem Wetter genossen werden. Dass Kurious mit seiner (Weiber-)Story einen sympathischen Eindruck macht, spricht für ihn:
"On this particular night, she had on black and white The dude who stepped to her before, he wasn't acting right So that right there gives me a chance She was so nonchalant but still gave me a glance Her attitude couldn't stop my advance I had some drinks earlier but I don't usually dance But I'mma pick it up and get my groove on If she ain't feelin' the boy, I move on Apparently the force was too strong She's up in my face giggling before too long"
Kurious geizt nicht mit seiner sympathischen Ader und gibt in Songs wie dem von Domingo produzierten "Smiling" überzeugende Vorstellungen. Lediglich "New Heights" stellt sich gegen den guten Geschmack und will mit seinem Bubble-Beat so gar nicht zum Rest der Scheibe passen. Das ist in der Hinsicht gut, als dass besagter Rest auch durchwegs besser ausfällt. Selbst wenn einem das Sample in "Benetton" bekannt vorkommt, so sind doch die Reunion mit MC Serch und der Auftritt vom Maskenmann allemal hörenswert. Und wenn in "Back With V.I.C." der in letzter Zeit eher unauffällige Produzent ein Instrumental beisteuert, gibt es nichts auszusetzen. Selbst Labelkollege Max B, ein potentieller Dorn im Auge, macht seine Sache gut und erinnert im lockeren "Back From Up Unda" sogar entfernt an "I'm Kurious". Da Jorge auch seinen Ausstieg aus dem Album meistert, indem er das sehr ruhige "Is This The End" und die bläsergetriebene Ehrenrunde "Prosperous" einwirft, muss nicht mehr viel gesagt werden.
Emcees, die nach Erfolgen in den 90ern zurückkommen - diese Unternehmen erlebt man meist als Bruchlandungen mit. An Kurious hat man, vielleicht aufgrund des Misserfolgs so vieler anderer, unter Umständen keine so großen Erwartungen gestellt. Doch auch so lässt es sich nicht abstreiten, dass sein Album ein durch die Bank weg gutes Teil geworden ist. Es reißt zwar keine Bäume aus, führt den souverän auftretenden Emcee jedoch durch eine Reihe an relaxten Beats, die gut in den Sommer passen, allerdings auch sonst gute Laune versprühen. Nun bleibt abzuwarten, ob sich Kurious für weitere 15 Jahre zurücklehnt oder bald nachlegt. Wenn es auf diesem Niveau geschieht, dann gerne.
Tracklist: 01. I See Dead People (Feat. Rell& Lord Jamar) 02. Hunny 03. It Is What It Is (Feat. Tiffini Davis) 04. Get That Money 05. How Long? 06. Good To Go (Feat. Q-Tip) 07. Same Old Drama (Feat. Large Professor) 08. This Joint Right Here (Feat. Kid Capri) 09. Go Hard (Feat. Talee) 10. Reality Check (Feat. Sarah Martinez) 11. Cold Cold World (Feat. Khadijah Mohammad) 12. Smile (Outro) (Feat. Big Phil) 13. The Joint Right Here (Remix) (Feat. Kid Capri, Sadat X & Lord Jamar)
Review: Grand Puba ist ein Name, der sowohl für sich alleine genommen sowie auch in Verbindung mit Brand Nubian eine Selbstverständlichkeit ist. Seine Geschichte reicht, wenngleich sie dort wohl am bedeutendsten war, sogar über die 90er hinaus, doch auch so darf sich Herr Maxwell Dixon inzwischen als Veteran des Games adeln. Release-technisch ließ er es im neuen Millenium bisher eher langsam angehen: Sein letztes Soloalbum "Understand This" von 2001 suchte bis in dieses Jahr einen Nachfolger, wohingegen zusammen mit Lord Jamar und Sadat X immerhin zwei Alben ("Fire In The Hole" 2004 und "Time's Runnin' Out" 2007) erschienen (Sadat legte da ein ganz anderes Tempo vor). Schon 2004 veröffentlichte das Trio über Babygrande, womit es nicht verwundert, dass auch Grand Puba's neues Album "Retroactive" beim New Yorker Label unterkommt.
Auch wenn die eigene Bio seine ersten beiden Soloalben mehr oder weniger als Klassiker rühmt, war Puba als Solokünstler nie ein Must-Have, wobei man den Unterhaltungswert des charismatischen New Yorkers nicht von der Hand weisen kann. Dass sein neues Werk dabei eine eher kurze Angelegenheit ist, verrät schon die Tracklist. Dass überdies mit dem Titel der Eintritt ins breite Feld der Nostalgiker unternommen wird, stimmt dabei eher skeptisch. Im Großen und Ganzen erweist sich diese Skepsis allerdings als unnötig, denn so wie Puba in "I See Dead People" loslegt, erinnert das durchaus an sein 1995er Album. Eine warme Bassline empfängt den Hörer, sehr lockere Raps strecken einem die Hand entgegen. Darüber schwebt Rell mit einer federleichten Hook. Übermäßig viel passiert dabei zwar nicht, doch wen stört das, wenn es gute Laune macht? Wen wundert es darüber hinaus dann noch, dass Puba einen Teufel tut, an diesem Motto etwas zu ändern? Leichte Kost, die in erster Linie gute Laune machen soll, ist die Basis, von der er nur selten abweicht. Wie sich in "Get That Money" die Streicher um Puba's butterweiches Stimmorgan formieren, ist zwar nicht innovativ, macht aber trotzdem ordentlich Spaß. Lediglich in "It Is What It Is" geht das Konzept nicht auf - hier paart sich ein langweiliges Instrumental mit dem geschmacklosen Gesäusel von Tiffini Davis. Da sei eher zu Khadija Mohhamad geraten, die dem 3/4-Takt mit langsam schreitenden Streichern in "Cold Cold Word" schon viel stilvoller aufsitzt. Im Rahmen des Albummottos lässt sich Puba seitens der Lyrics zu keinen revolutionären Taten hinreißen und streut nur sehr vereinzelt politische Statements unter seine Berichte aus dem Puba-Leben. Letztere werden in "How Long?" sogar von dezent und gut eingesetztem Auto-Tune begleitet. Weitere weibliche Vocals finden sich für "Go Hard" ein, einen weiteren für das Album typischen Track. Dass Puba auch ganz alleine kann, zeigt "Hunny": Dem lässigen Ladies-Song setzt der große Puba einen tadellos klingenden Chorus auf. Die Gastbeiträge enttäuschen jedoch ein wenig: Q-Tip lässt es in "Good To Go" klappern, gehört dabei aber nicht zur Oberklasse der Platte. Das lässt sich von "Same Old Drama" so ganz und gar nicht behaupten, da Large P hier gewohnte Qualitätsarbeit leistet, mit eineinhalb Minuten allerdings unakzeptabel kurz kommt. Ob die Spoken Word-Einlage von Sarah Martinez (wobei Puba gar nicht zu Wort kommt) wirklich notwendig war, bleibt fraglich, der starke Beat entschädigt jedoch vollkommen. Damit bleibt noch "This Joint Right Here", das mit seinem Gast natürlich nur als Party-Track konzipiert sein kann, für den Kid Capri (den man sich hätte sparen können) die Hook kräht. Doch auch dieses Unternehmen bringt Puba in trockene Tücher.
Die einzige Untat an diesem Album ist der Umstand, dass der Large Professor-Track so lächerlich kurz ist. Ansonsten nämlich fährt Puba seine Feel-Good-Schiene konstant und gut. Vor allem ein Vergleich mit dem Kollegen Sadat X zeigt, dass Puba hier solide Arbeit abgeliefert hat. Riesige Ansprüche sollte man natürlich nicht haben, denn gehaltvoller hätte das Album in jedem Fall sein können; doch anstatt sich zu beschweren, sei noch einmal darauf hingewiesen, dass viele andere 90er-Künstler deutlich schlechtere Ware lieferten. "Retroactive" ist zwar harmlos, serviert aber fast durchgehend herzhaften, fröhlichen HipHop, was nicht viele Alben behaupten können. Genau deshalb ist es (wenn auch knapp) ein gutes Album.
Tracklist: 01. Morning Wood 02. Nice Guys Finish Last 03. Friends Zone (Feat. Shitake Monkey) 04. Handcuff 'Em 05. Stay Up! (Viagra) (Feat. Kanye West) 06. There's Pleasure In It 07. (Awww Man) Round 2? 08. Dirty Peaches (Feat. J'Davey) 09. Close Call (Feat. Phonte) 10. Burning Bush (Feat. Redman) 11. Ho' Is Short For Honey (Feat. KiD CuDi) 12. No. I Said I Liked You, Pt. 2 13. M.I.L.F. (Feat. Bilal) 14. Another Victim
Review: Ich muss zugeben, bis vor wenigen Wochen war mir 88-Keys kein Begriff und dass obwohl er schon für Leute wie die Szenegrößen Mos Def oder Macy Gray Beats zusammen gebastelt hat, was ein Indiz dafür sein sollte, dass der Junge was drauf hat. Ein weiterer Punkt ist, dass es sich bei dem Guten um einen Schützling von Megastar Kanye West handelt und eben dieser bei "The Death Of Adam" auch noch als Executive Producer fungiert. Spätestens hier dürfte das Interesse der meisten Heads erweckt worden sein, einfach schon aus dem Grund, dass man sehen möchte, was aus der Wundertüte West herauskommt, College-Kanye mit Soul Samples oder Future-Pop-Kanye samt Vocoder Einsatz. Spätestens beim Beäugen der Tracklist dürfte man endgültig Vorfreude empfinden, denn neben 88-Keys selbst dürfen unter anderem Redman, Kanye West und Phonte ans Mikrophon. Also höchste Zeit endlich reinzuhören, let the show begin.
The "Death Of Adam" ist ein Konzeptalbum, das uns die Geschichte von Adam und seinen Frauen erzählt. Der Protagonist wacht morgens "horny" auf und versucht Abhilfe zu schaffen, was auch kein Problem darstellt, da er nicht alleine aufwacht. Nachdem er mit ihr fertig ist und sie erfolgreich aus der Wohnung vertrieben hat, wendet sich die Story einer anderen Frau zu, die er kennengelernt hat. Er gibt sich große Mühe ihr zu gefallen und inverstiert einiges Geld in ihr Vergnügen, um am Ende von ihr zu hören, dass er für sie nicht mehr als ein guter Freund sei. Der Albtraum eines jeden Mannes schlechthin. Adam muss einsehen, dass höfliches und geduldiges Verhalten nicht immer zum erwünschten Erfolg führt und probiert es bei der nächsten Lady mit dem genauen Gegenteil. Doch anscheinend hat sich die Hauptfigur schon wieder die Falsche ausgesucht, er bekommt zwar was er will, doch leider fordert die Gute von Adam mehr, als seine Manneskraft zu leisten im Stande ist. Er versucht sich mit chemischen Mitteln, lies Viagra, zu helfen, was leider nur sehr bedingt hilft. Zwar steigert das Wundermittel Adams Leistungsvermögen, bringt ihm jedoch auch einen Krankenhausbesuch wegen Schmerzen im genital Bereich und vorallem ein Baby von Miss Nimmersatt ein. Darüber ist Adam verständlicherweise nicht gerade beigeistert, er wollte zwanglosen Spaß und kriegt jede Menge Verantwortung, dabei ist er sich nicht einmal sicher, was er von der Mutter seines Kindes halten soll, zumal sie die von ihm bevorzugte Abtreibung verweigert. Am Ende der Geschichte steht dann der Fall des Heldens, bzw. sein Tod, da er völlig überraschend leblos in seinem Apartment aufgefunden wird. Durch die Handlung wird man von einem weiblich Erzähler geleitet, der von Track zu Track, bzw. von Kapitel zu Kapitel, führt und berichtet wie es in der vergangenen Zeit zwischen den Songs weitergeht. Diese Einschübe erleichtern dem Hörer das Verfolgen des Handlungsstranges sehr. Unterdessen wird die Storyline immer wieder durch verschiedenste Gags aufgepeppt, was das ganze sehr unterhaltsam macht. Man könnte von einer schwarzen Komödie sprechen, da die meisten Gags auf den Fehlern Adams basieren. In Sachen Produktion ist es genau so schwer zu sagen, wo der Handlungsbereich von Executive Producer Kanye West aufhört und der von 88-Keys anfängt, wie andersherum. Problematisch ist dies jedoch überhaupt nicht. Egal wer von Beiden, was gemacht hat, das Endprodukt kann sich ohne Frage sehen lassen. Es dominieren die ehemals Kanye-typischen Soulsample-Beats samt Voice-Samples und elektronischer Veredelung in allen Variationen. "Morning Wood" zum Beispiel kommt mit einer Keyboardmelodie daher, die punktuell von Flöten unterstützt und von gut gesetzten Claps nach vorne getrieben wird. Um nach dem Aufstehen aus dem Arsch zu kommen und Motivation zu finden, dürfte es sich bestens eignen. Wesentlich ruhiger kommt da etwa "Nice Guy Finish Last" daher, wo 88-Keys erstmals zum Mic greift um zu rappen. Schön platzierte Voice-Samples unterstützen Melodie und Handlungsablauf. Etwas merkwürdig ist jedoch die Tatsache, das 88-Keys raptechnisch immer mit einem Voice-Filter auftritt, der den Eindruck erweckt, er wäre per Telefon zugeschaltet. Die absoluten Highlights sind jedoch die Songs, bei denen die Features das Mic alleine in der Hand halten und sich der Interpret um die Produktionen kümmert. Dabei kommen dann Perlen wie das crossoveresque "Friend Zone" mit der Indie Rock Band Shitake Monkey heraus, das nach vorne geht wie Miro Klose in Topform und soundtechnisch, auf Grunde der Punk Rock Elemete, eindeutig hervorsticht. Oder das von Latino Einflüssen geprägte "The Burning Bush", auf dessen stampfenden Gitarrenbeat Redman brilliert, während geschickt eingesetzte Bläser noch mehr Schwung in die Sache bringen. Das Instrumental von "Close Call" mit Phonte passt zu diesem ähnlich gut, wie Partner Big Pooh und hätte auch auf jedem x-beliebigen Little Brother Release einen Platz beanspruchen können. Wer auch immer da hinter den Reglern steht, hat auf jeden Fall Ahnung von Samplearbeit. Nicht ganz mithalten kann da leider ausgerechnet die Lead-Single "Stay Up (Viagra)" mit der Gastshow von Mr. West, da er wiedermal gelangweilt wirkt und weit davon entfernt ist ein Feuer zu entfachen, im Gegenteil. Zu verschlafen kommt das Instrumental daher und auch die Bläser in der Hook ändern daran nichts. Bessere Arbeit wird mit Bilal's "M.I.L.F." abgeliefert, da der Beat besser aus den Startlöchern kommt und sich Melodie, Voice Samples und Bilal sehr gut ergänzen.
Mit "The Death Of Adam" gelingt 88-Keys ein überdurchschnittlich gutes Debütalbum, das auf der Produktionsebene Einflüsse verschiedenster Genres zu einem attraktiven Endprodukt zusammenschnürt. Auch am Mikrofon wird es nicht langweilig, da sich verschiedenste, gut gewählte Gäste das Aufnahmeequipment in die Hand drücken und für Abwechslung sorgen. Weil der Hörer zusätzlich von der lustigen und interesasanten Story bei Laune gehalten wird, kann man auch über den einen oder anderen kleinen Aussetzer und relativ geringe Trackanzahl (14, davon 2 Interludes) hinwegsehen. Auch falls Kanye auf seinem Elektro-Vocoder-Trip hängen bleiben sollte, braucht sich der Hörer keine Sorgen zu machen, denn mit 88-Keys steht ein aufstrebender Künstler bereit, der seine Fußstapfen füllen können sollte.
Tracklist: 01. The Manifesto (Intro) 02. Respect The Art 03. Spotlight (Feat. Wes Restless) 04. Let Me Do My Thing (Feat. Jean Grae) 05. Modern Day Warfare 06. Chicano 07. All I Know 08. Extravagent Lifestyle (Feat. Tone Pro & Astonish) 09. Fin (Outro)
Review: Es ist wieder einmal so weit, es gibt Neues aus dem Molemen-Camp. Nachdem Decay und Astonish letztes Jahr an den Start gingen, ist es diesmal Scheme, der seine neue EP veröffentlicht. Unter dem Namen Rhyme Scheme gab es bereits 2006 ein Album, das jetzt mit "The Manifesto" eine neun Tracks starke Fortführung findet. Scheme selbst, der mit 13 Jahren seine Liebe fürs Schreiben entdeckte, ist in Chicago's Northside aufgwewachsen und über Visual in Kontakt mit den Molemen gekommen, in deren Reihen er mit 19 Jahren eintrat. Mit dieser EP tut er einen relativ ungewohnten Schritt: Während sie auf seinem Blog zum kostenlosen Download steht, wird allen, die hier Spaß beim Hören hatten, der Kauf einer CD ans Herz gelegt.
Damit legalisiert er eigentlich nur, was die meisten Hörer dieser Zeit sowieso tun: zuerst "Probehören". Die Zahl derer, die ihre Zustimmung und ihre Unterstützung einem Künstler gegenüber dann auch tatsächlich in einem Kauf äußern, ist so oder so nicht sehr groß. Zu klären bleibt also nur noch, ob es überhaupt angebracht ist, Scheme zu unterstützen. Die Molemen Fans werden eventuell im ersten Moment erschrecken, denn keine der drei Säulen steuert hierfür Beats bei - das überlässt Scheme voll und ganz den Sound Merchants, zu denen 21 Grams, CB und neuerdings auch Prestige zählen. Doch schnell zeigt sich, dass allein vom Hören kein Unterschied auszumachen ist. Man setzt natürlich auf BoomBap, der von der Chicagoer Note, wie sie die Molemen geprägt haben, durchsetzt ist. Scheme's "Manifesto" beherbergt keine weltbewegenden Inhalte und beschäftigt sich neben den üblichen Themen mit dem Dualismus der amerikanischen und der ethnisch begründeten Welt, zwischen denen Scheme lebt. "Soy Chicano" ist die Einleitung für selbigen Song, welcher diese Thematik äußerst gelungen und umfassend abhandelt. Neben diesem Highlight gibt es noch einen Track, der unbedingt zu empfehlen ist: "Spotlight" klingt 100% nach Molemen, prägt sich schnell ein und wurde von Alo mit herrlichen Scratches versehen. Auch wenn der Rest nicht herausragend (jedoch auch durchgehend solide) ist, so ist es die Gesamtheit dieses kompakten Werks, die zu überzeugen weiß. Ein roter Faden leitet durch das Album, das durchaus einen kleinen Spannungsbogen aufbaut, der beispielsweise mit gemächlichen Bläsern in "Respect The Art" seinen Anfang nimmt. Ein weiteres Kriterium sind die Gäste, bei denen sich neben den lokalen Kollegen (Wes Restless, Astonish und Tone Pro) noch Jean Grae einfindet; in "Let Me Do My Thing" fügt sie sich angenehm und sogar unauffällig in den Song ein. "Extravagent Lifestyle" muss sich als einziger Song eventuelle Kritik am etwas schleppenden Beat gefallen lassen, ganz im Gegensetz zu "All I Know", das mit seinem Saxophon für Unterhaltung sorgt. Den Abschluss macht ein perfektes Outro: "Fin" hat nochmals einen großartigen Beat parat und lässt diese EP wunderbar ausklingen.
Nach gut einer halben Stunde ist es nicht nur dem Outro zu verdanken, dass man eine positive Erinnerung an Scheme's EP hat. Zwar fährt der Chicano keine dicken Kracher auf, doch in Sachen Stimmigkeit und Beständigkeit wird kräftig gepunktet. Jeder Song passt dort, wo er sitzt. Man darf also den Sound Merchants zu einem gelungenen Beat-Teppich gratulieren, während auch Scheme - wenn auch kein Top-Emcee - auf dieser EP ein angenehmer Zeitgenosse am Mic ist. Nicht der große Wurf (wohl auch nie dafür gedacht), doch Scheme's kleines Manifest hat Hand und Fuß und ist zudem, zwar nicht fehlerlos, dafür aber sehr sympathisch. Chicago bleibt die Hochburg des Mittleren Westens für BoomBap der ruhigen Sorte. Und in Scheme kann man getrost ein paar Euros investieren.
Tracklist: 01. Intro 02. To Declaime 03. Fonky Soul 04. Good Beats 05. Boogie 06. The God 07. Travlin' 08. Understandment 09. Bizzerlude 10. Sally 11. Yeah Yeah 12. Whyising 13. Still Standing 14. Evil Overloards 15. E&R 16. Uncle Ruckus 17. Cricket Cop 18. Soawake 19. Chem Trails 20. Run It Down 21. Summer Daze 22. Mediesel 23. Love Yo Nabor 24. Eyeluvu 25. Souldiers 26. Outro
Review: Tha Alkoholiks waren es im Jahre 1995, die Declaime auf ihrem Album "Coast II Coast" featurten und damit einer breiteren Masse vorstellten. Aus den Alkaholiks wurden irgendwann Tha Liks, während sie nur den Crew-Namen änderten, veränderte sich Declaime irgendwann komplett und mutierte zu Dudley Perkins. Nach Declaime's "Andsoitisaid", welches damals zur Hälfte von Madlib produziert wurde, kam schon auf dem nächsten Album "Conversations With Dudley" der eben besagte, mutierte Declaime auf die Bühne. Später verabschiedete er sich komplett, während Dudley Perkins zwei weitere Alben über Stones Throw veröffentlichte. Vor zwei Jahren erblickte dann ein Kollabo-Album unter dem Titel "G&D" mit seiner Frau Georgia Anne Muldrow das Licht der Welt. Diejenigen, die erwartet haben, dass diesmal wieder Declaime sein Gesicht zeigt, werden enttäuscht, denn Dudley Perkins ist wieder da und präsentiert uns sein neues Werk "Holy Smokes".
Natürlich widmet Dudley einen Song "To Declaime", der hier gleich nach dem "Intro" sehr viel Lust auf die folgenden Tracks macht. Ein wundervoller Beat mit lauten Claps und Pianoeinsatz überzeugt auf voller Länge, genau wie der Declaime-typische Flow. Der Funk kommt, während Declaime auf "Fonky Soul" wieder geht. "God gave me a fonky soul, so I use it", und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn hier erinnert Dudley sogar ein bisschen an George Clinton, was auch an dem verrückten Beat liegen könnte, der ebenfalls die Arbeiten des alten P-Funk Meisters ins Gedächtnis ruft. Unter den sage und schreibe 26 Tracks finden sich, neben "Intro" und "Outro", auch diverse Skits wieder, die aber schnell nervig werden und zum Skippen verleiten. Einer der Skits ist "Soawake" das mit einer Human-Beatbox überzeugen kann. "I can make you Boogie, if you want me to", heißt es auf dem Song "Boogie", der jedoch lediglich das Zeug hat, einen zum Kopfnicken zu verleiten. Von Boogie-Stimmung fehlt da jedoch jeder Spur. Allgemein kann man sagen, dass auf dem Album kein einziger Song tanzbar ist, da die Beats teilweise einfach zu langsam oder zu verrückt sind. Das ist aber bekanntlich nichts Negatives, denn in der heutigen Zeit ist es manchmal sogar erfreulich, dass kein Club-Track auf einem Rap-Album vertreten ist. Manche werden laut aufschreien: "Das ist doch kein Rap-Album, der singt doch die ganze Zeit!". Das aber hat Dudley nun mal an sich, dass er gerne sein Stimmorgan einsetzt, um komische Töne zu erzeugen, die man sonst vielleicht mit einem hohen THC-Gehalt unter der Dusche macht, wenn man versucht, "Purple Rain" von Prince nachzusingen. Aber genau diese Verrücktheit macht Dudley Perkins aus. Auch interessant ist die Tatsache, dass er es immer wieder schafft, eigentlich ernste Themen so zu verpacken, dass man trotzdem lächeln muss, so auch auf "Summer Daze". Der Beat und der Anfang der Hook lassen einen nämlich erstmal vermuten, dass es sich hier um einen Sommersong handelt, den man gerne bei gutem Wetter im Auto laufen lässt: "Hot, hot summer days, sunshine on your mind / Hot, hot summer days, as the Northern-South-Pole melts away / Hot, hot summer days, sunshine on your mind / Hot, hot summer days, can somebody please make it clear". Klar ist die Global-Warming-Thematik schon etwas ausgelutscht, aber so verpackt hören wir gerne mehr davon. Auch "Soldiers" geht in diese Richtung und regt einen zum Nachdenken an, diesmal aber mit einem minimalistischen Beat, der keinesfalls positive Stimmung verbreitet. Neben dem Gesang von Dudley Perkins gibt es auch mehr oder weniger klassische Raps auf dem Album zu hören, die auch mit mehr oder weniger klassischen Rap-Beats untermalt sind. So auch "Travelin'" oder "Sally", jedoch ist Dudley immer im Hintergrund und springt aus dem Dunkeln ans Mic, um das Publikum seinen Gesang hören zu lassen. Teils erinnert er sogar an Ol' Dirty, wie zum Beispiel auf "13 Still Standing", wo er zum Teil Basstard-like ins Mikrofon schreit.
Wer Dudley Perkins vermisst hat, dem sei gesagt, dass er hier in seiner vollen Pracht wieder all das repräsentiert, wofür sein Name steht. Mit seinen Raps, oder auch Gesang, vermittelt er positive Vibes, die aber auch schnell in eine nachdenkliche Stimmung umschlagen können. Funk atmende Tracks wechseln sich ab mit Kopfnicker-Rap-Tracks, die aber auch schnell in abgespaceten Beats und Gesang enden. Wenn Lil Wayne sagt: "We are not the same, I am a Marsian", dann kommt Dudley Perkins vom Planeten Jupiter. Er ist weit weg von der klassischen Vorstellung von HipHop, die manche mit sich tragen, und macht seine verrückte Musik ohne auch nur daran zu denken, wie es beim Publikum ankommen könnte. Wer also auf normalen Boom Bap steht, der macht lieber einen weiten Bogen um das Album. Diejenigen, die etwas offener sind, sollten sich definitiv auf die neuen Reisen des Dudley Perkins einlassen.
Label: LiveliHood Entertainment / SoBe Entertainment
Tracklist: 01. Intro 02. Official Bloodline (Feat. Jay Rock) 03. Rapper Slash Rocker (Feat. Ya Boy) 04. Shyne Like Me (Freestyle) 05. Different Girls (Feat. Lil' Wayne) 06. Drink By The Pint (Feat. Josh Franks) 07. Rep Where You Stay 08. Put My Flag On (Freestyle) 09. Somebody's Gonna Die 2nite (Feat. Viper) 10. Do You 11. Hate (Feat. Young Buck) 12. Meet The Devil (Freestyle) 13. Jerzey: We Go Hard 14. How I Does 15. Jerz Is Nice (Freestyle) 16. That's Me (Feat. Urban Mystic) 17. So Wet (Feat. Ray J) 18. Colorful Clothes (Feat. Lil' Wayne, Baby, Maino, Trae & K.Dot) 19. In My City (Feat. Stack$)
Review: Vor einigen Jahren war Nu Jerzey Devil noch einer von vielen Mixtape-DJs, die ihre Tapes mit Pokemon-artigen Ausrufen ihres eigenen Namens zupflasterten. Inzwischen ist der DJ fester Bestandteil des Black Wall Street-Aufgebots und konnte Produktionen bei Fat Joe, Busta Rhymes, Lil Scrappy und natürlich The Game unterbringen. Für 2009 schließlich ist Großes geplant: Das selbst-berappte Debüt-Album "Devil's Playground" soll veröffentlicht werden, davor eine EP namens "Heaven Or Hell". Vorab gibt es dieses Mixtape-Album, "Art Of The Devil", als kleinen Vorgeschmack.
"It’s always been in the back of my mind to emcee", so der Devil selbst. Also: Gratulation zur Erfüllung dieses stillen Traumes. Doch wenn man Nu Jerzey gratuliert, muss man ihm gleichzeitig die Frage stellen, was zum wortwörtlichen Teufel er sich dabei gedacht hat, der Rap-Welt seine Rap-Skillz aufzunötigen. Denn wo sich noch darüber streiten lässt, ob der Herr gut produzieren kann oder nicht, erübrigt sich diese Diskussion beim Sprechgesang mit dem ersten Satz, den man hier zu hören bekommt. Eine stinknormale Stimme, ein ansatzweise erkennbarer 08/15-Flow und Texte, bei denen es dem Fass den Boden bzw. dem Hörer das Trommelfell durchschlägt. Zitiert sei hier nur eine Passage aus "Shyne Like Me":
"I don't know bout y'all, but yeah, they call me Jerzey You can find me in the street ridin' somewhere dirty Sippin' on that lean, smokin on that haze Pistol on my hip, so don't go try and play me Goons is ready, in the hood I'm a star Everywhere I go, they know who I are There go Jerze, he be doing his thing He be fucking mad bitches and he got mad bling"
Ob man nun desweiteren die Beimischung von einer Palette an meist gesichtslosen Features als Schadenseindämmung oder als zusätzliche Belastung auf die Ohren ansieht, bleibt jedem selbst überlassen - in jedem Fall laufen auf den 19 Tracks noch eine ganze Reihe an Gästen auf. Um das Bild perfekt zu machen, scheut sich NJD nicht, teils völlig austauschbare oder aber einfach nur nervtötende Produktionen an Bord zu lassen. Der Eintopf, der sich hieraus ergibt, ist damit eigentlich schon beim Namen genannt: Entweder man vergisst völlig, dass man gerade Musik am Laufen hat oder aber man greift zur Skip-Taste. Die Notwendigkeit, lyrisch in irgendeiner Weise zu unterhalten, erfüllt der Devil nur bedingt - nämlich durch unfreiwillige Komik. "Different Girls", am besten jeden Tag eines. Nachdem Zwerg-Wayne seine Bars heruntergequiekt hat, läuft ein völlig unmotiviert dudelndes "Drink By The Pint" mit John Franks und Autotune im Gepäck ein. Wie hier Einflüsse von allen Himmelsrichtungen zusammengeklaubt und dann durch den Fleischwolf gedreht werden, um schlussendlich einen charakterlosen Sound-Brei auszukotzen, verdient Respekt. "Rep Where You Stay" geht ans Äußerste, was das Album an Aussagen zu bieten hat. In "Hate" wird festgestellt: "All y'all fuckin do is hate, man. But if y'all hate I'm doing something right." Dass er wirklich etwas falsch macht, steht natürlich nicht zur Diskussion. "That's Me" kann als Scott Storch-Produktion wenigstens einigermaßen unterhalten, wohingegen der Posse-Track "Colorful Clothes" trotz Trae-Feature nicht die geringsten Spuren hinterlässt. "In My City" lebt nur von seinem Lovin' Spoonful-Sample, was von der eingecutteten Lil Wayne-Hook in "Rapper Slash Rocker" nicht gerade behauptet werden kann. Ein weiterer guter Beat findet sich dann im "Jerzey: We Go Hard" Freestyle, den man dem NJD jedoch nicht einmal gutschreiben darf.
Man lernt aus dieser Scheibe einige Dinge: Erstens, Nu Jerzey Devil sollte das Mic wieder aus der Hand geben, denn seine Skillz sind reichlich mager. Ein Album, bei dem er am Mic steht, wird dank dieses Umstands grundsätzlich keine hohen Wertungen zustande bringen. Außerdem lässt dieses Mix-Album auf Jerzey's Geschmack bei der Beat-Wahl schließen, welche die Kronenzahl zusätzlich mindert und auch in Zukunft mindern wird. Dann fehlen noch die Features. Diese sind zwar besser als der Protagonist selbst, haben jedoch trotzdem keinen besonderen Unterhaltungswert vorzuweisen. "Art Of The Devil" anzuhören, ist schlicht und ergreifend ein Ärgernis. Hier gibt es wenig bis keine Hoffnung.
Tracklist: 01. Erster Akt 02. Kannst du ihn sehen 03. Marschmusik (Feat. Montana Max) 04. Im Alleingang 05. 3000 Watt 06. Zeitraffer 07. Ich regel das (Feat. Casper) 08. Truemanshow 09. Bumfight 10. Du willst mehr 11. Panik 12. Schritt für Schritt 13. Weinender Clown (Feat. Tua) 14. Tequila 15. Credits 16. Outro
Review: Nach eigener Aussage, hat sich Shiml nie an amerikanischen Rappern orientiert, sondern stets versucht, seinen eigenen Stil zu finden. Wer die bisherigen Untergrund-Veröffentlichungen wie "Im Mittelpunkt der Erde", "Nach uns der Rest" mit Montana Max, das nebenbei erwähnt im Internet einiges an Aufsehen erregt hat, und das Debütalbum "Hinterm Horizont" des Bremers kennt, der wird dem bei Selfmade gesignten Rapper sofort seinen Glauben schenken. Für seinen zweiten Longplayer hat er ausschliesslich labelfremde Featuregäste verpflichtet, auch wenn sich das bei Casper mittlerweile geändert hat.
Zusammen mit eben diesem neuen Arbeitskollegen hat er "Ich regel das" aufgenommen, dass durchaus zu den besten Anspielpunkten der LP zu zählen ist, wenn auch man zugeben muss, dass der nach einem Geist benannte Rapper dem Hauptdarsteller ein wenig die Show stiehlt. Doch der Leistungsunterschied fällt ziemlich knapp aus, sodass man sich auf zukünftige Kollabos der beiden durchaus freuen kann. Ehrlich gesagt befinden sich auf diesem Album mehr starke Tracks, als man anfangs vielleicht vermutet hat. Da wäre beispielsweise "Kannst du ihn sehen", das den meisten wahrscheinlich schon durch das dazugehörige Video bekannt ist. Der Beat beherbergt eine unglaubliche Energie, die Shiml mit seiner markanten Stimme nutzt, seinen bisherigen musikalischen Werdegang zu beleuchten und natürlich auch darauf hinzuweisen, dass künftig noch viel von ihm kommen wird, da die Musik seine große Liebe ist. Gerade bei diesem Track fällt auf, dass sich Shiml positiv weiterentwickelt hat. Man hat nicht mehr alle paar Sekunden das Gefühl, dass der MC aufgrund seiner Atemprobleme in der Booth kollabiert. Und seine Part sitzen nun fester im Takt, wodurch sie auch nicht mehr so hektisch wirken. Ebenfalls zu erwähnen ist "Tequila", das besonders durch seinen hervorragend produzierten Piano-Beat glänzt. Darauf berichtet Shiml auf sehr unterhaltsame Art und Weise von diversen Affären, in denen er die Frauen ausgenutzt hat. Und die Moral von der Geschicht...die verrat ich nicht. Aber allein schon die Hookline, macht es nahezu unmöglich ein, wenn auch unfreiwilliges Schmunzeln, zu verbergen:
"Ich traf sie nie wieder, sah sie nie wieder / füllte sie am letzten Abend an der Bar mit Tequila / sie hat die Augen zu, doch ich muss weiter, tut mir leid / es war ne gute Zeit doch heute Nacht schläfst du allein."
Dann ist da noch das etwas ruhigere "Credits", in dem Shiml all den Personen dankt, die ihn bisher begleitet haben. Seien es nun die Eltern, die ihn großgezogen haben oder die Schlampen, die ihm nach einem Auftritt backstage das Leben versüßen. Sauber geflowt und durch seine aufrichtige Ehrlichkeit auch noch sehr symphatisch. Schade nur für Shiml, dass der stärkste Sechzehner des Albums nicht von ihm selbst kommt, sondern von Tua auf "Weinender Clown". Ihr dürft euch natürlich auch selbst ein Bild davon machen, wie gut dieser Part ist:
"Das Zelt brennt, er schreit es laut raus / Leute sagen, so ein guter Clown, toll ihm zuzuschauen... und er will doch nur, dass sie sehen, wie das Zelt brennt / er meint: schnell rennt, sie meinen: so humoristisch, sogleich so weltfremd... als das Zelt unter den Flammen zusammenbricht / liegt er wie tot auf dem Boden und sieht in ihr Angesicht / es ist von Angst verwischt, als jeder um sich selbst kämpft / das Zelt brennt, die Welt brennt".
Nicht, dass Shimls Part in der Ich-Perspektive schlecht wäre, oder gar den Gesamteindruck herunterzieht, aber die Lines von Tua sind einfach origineller und bestätigen wieder einmal seine momentane Ausnahmestellung. Leider hat sich zwischen die bereits genannten und einigen weiteren guten Tracks auch der ein oder andere Durchhänger gemischt. Wie zum Beispiel "Marschmusik", das gemeinsam mit seinem früheren Partner Montana Max eingespielt wurde. Doch leider ist es auch gerade er, der dafür verantwortlich ist, dass der Song nur durchschnittlich geraten ist. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass Montana seine Parts immer kurz nach dem Aufstehen aufnimmt. An "Du willst mehr" muss man sich erst gewöhnen, was auch schnell gelingt. Dennoch muss man Shiml vorwerfen, dass er seine teils verbreitende Hektik noch nicht ganz im Griff hat, was sich unter anderem in der Hook von "Du willst mehr" zeigt. Ebenfalls als mittelmäßig zu bezeichnen ist das "Outro", da das Instrumental irgendwie unfertig wirkt. Aber das war es auch schon an Durchhängern.
Wenn man "Im Alleingang" nur kurz überfliegt, dann kann man mit Fug und Recht behaupten, dass es eigentlich genau wie sein Vorgänger klingt. Es ist genau so düster, ist ebenfalls mit reichlich biografischem Material bespickt und hat für die Abwechslung ein paar Battletracks in seinen Reihen. Doch bei genauerem Hinhören kann man erkennen, dass Shiml gereift ist. Sein Flow ist präziser, ohne komplett auf Höchstgeschwindigkeit zu verzichten, seine Metaphern sind durchdachter und die Beatsauswahl ist auch besser geraten als bei seinem Debüt. Shiml hat sich im Alleingang mit dem Großteil seiner Tracks in meinen Gehörgang gefressen und wird dort höchstwahrscheinlich auch nicht so schnell verschwinden.
Tracklist: 01. Lyte vs. Vanna Whyte 02. Lyte As A Rock 03. I Am Woman 04. MC Lyte Likes Swingin' 05. 10% Dis 06. Paper Thin 07. Lyte Thee M C 08. I Cram To Understand U 09. Kickin' 4 Brooklyn 10. Don't Cry Big Girls
Review: Als das Rap-Genre in den Achtzigern seinen großen Aufschwung erlebte, bestand die Szene fast komplett aus Männern. Das änderte sich vor allem mit einer Dame aus Brooklyn, New York, die sich unter dem Namen MC Lyte Fame und Respekt verschaffen konnte. Besonders hervorzuheben ist ihr Debüt aus dem Jahre 1988, welches heute von vielen als Classic bezeichnet wird. Besonders die Auswirkung auf Frauen in der Rap-Welt ist kaum hoch genug einzustufen. Lil' Kim, Foxy Brown und Co bereitete sie den Weg, als sie die Welt wissen ließ, dass auch Frauen Rap erfolgreich zu ihrem Beruf machen können.
Den Deal mit dem Label First Priority Music beschaffte Lyte sich 1986 mit ihrer Streetsingle "I Cram To Understand U", die von einem schwer drogenabhängingen Boyfriend handelt. Durch diesen starken Storytelling-Track machte sie sich sofort einen Namen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass dieser Song auch die erste Single des Albums wurde. Mittlerweile gilt dieser Track als ein Klassiker unter den Songs über Drogenmissbrauch. Aus der Perspektive einer verzweifelten Freundin erzählt, bekommt die Story einen sehr interessanten Anstrich. Die Lyrics überzeugen auf ganzer Linie:
"They say you spend your money on her and you're with her night and day - her name starts with a C and it ends with a K."
Neben diesem Classic gibt es aber noch einige Songs, die ebenso großartig sind. Da wäre zum Beispiel der Titeltrack des Albums, der, mit schwungvollem Beat von den Audio Two versehen, den guten Flow von MC Lyte unterstützt. Die Audio Two sind übrigens die älteren Brüder der Rapperin, die bereits mit 12 Jahren ihre ersten Gehversuche am Mic machte. Die weibliche Seite der Wegbereiterin für Female-Rap kommt natürlich auch nicht zu kurz, wie man an Titeln wie "I Am Woman" erkennt, wo sie vorrangig Battle-Raps zum Thema Weiblichkeit kickt und ihren männlichen Kollegen in Sachen Selbstdarstellung am Mic in nichts nachsteht. Eine Hymne an ihren Borough hat Lyte mit "Kickin' 4 Brooklyn" im Gepäck, auf dem der Chorus der Crowd auf den Jams der 80er einheizte:
"Kick this one for Brooklyn kick this one for the 90s now kick this one here for me and my DJ."
Trotz des selbst für frühere Zeiten sehr minimalistischen Beats entfaltet der Track eine beachtliche Power. Ein Klassiker der Diss-Historie wurde auch die zweite Single des Albums "10% Dis", der sie sich an ihre frühere Rivalin Antoinette richtete. Dabei entstanden Classic-Lines wie:
"Beat biter! Dope style taker! Tell you to your face you ain't nuttin but a faker!"
Diese sollten später mehrfach auch von männlichen Kollegen wieder aufgegriffen werden. Leicht abgewandelt unter anderem von Tupac Shakur. Von King of Chill stammt der Beat für "Paper Thin", welches um einiges besser klingt als einige der anderen Beats des Albums. Hier redet MC Lyte über ihr Auswahlverfahren in Sachen Männer und Beziehung. Auch auf dem Song "MC Lyte Likes Swingin'", der von Prince Paul produziert wurde, hat sie einen guten Beat gewählt, um ihre Skills unter Beweis zu stellen.
Insgesamt bietet MC Lyte gute Lyrics auf dem Album, so gut wie "I Cram To Understand U" ist allerdings keiner der Songs. Er hat einfach die beste und krasseste Aussage von allen, während sich die Scheibe ansonsten mit eher nebensächlichen Themen beschäftigt und gerade von einer Frau wäre etwas mehr Tiefe wünschenswert. Denn gegen Kollegen der Achtziger, wie Slick Rick oder Big Daddy Kane, sieht der erste weibliche Star im Biz noch ziemlich alt aus. Im Anschluss an ihr Debüt veröffentlichte die Rap-Lady noch mehr als 10 weitere Alben, ist noch heute im Geschäft und blieb folglich dem Game über 20 Jahre aktiv erhalten. Für den heutigen Rap-Fan ist dieses Album allerdings weniger empfehlenswert. Während Big Daddy Kane und Co immer noch viele der heutigen Heads überzeugen können, sind hier vor allem die Beats auf Dauer zu eintönig und minimalistisch. Die Musik ist schlicht nicht melodisch genug, um für eingängige Ohrwürmer zu sorgen. Wenn man dieses Erstlingswerk mit einem Album wie "Long Live The Kane" vergleicht, liegen dazwischen immer noch Welten. Deswegen gibt es auch keine so hohe Wertung für dieses Album, welche es auf Grund seines enormen Einflusses auf das Game und dessen Entwicklung vielleicht verdient hätte.
Tracklist: 01. Auftro (Keep It Movin') 02. Allein In Berlin 03. Lebender Rap RMX 04. M.I.C.K. 05. Lass Dich Fall'n 06. Postkarte An Hip Hop 07. Viva La Kapital! 08. Remote Control (Feat. BogerOne) 09. Mein Kiez (Feat. Marcello) 10. Image Iz Allet 11. Achse Der Angst 12. Smalltalk Mit Deejay (Feat. DJ Mick) 13. Ostler (Feat. Damion Davis & Chefkoch) 14. Frag Nich! 15. 1-2-3 16. Lebender Rap 17. Augenblick (Feat. Robin Weed) 18. Rockt So Weiter (Abtro) 19. Kuck Hear (Feat. Damion Davis & Sir Serch)
Review: Dass der Name Spoken View eher für Conscious-, als für Battle-Rap steht, wissen wir mittlerweile. So passt es gut, dass Mr. Micks "Auf & Ab LP" das erste Release des jungen Labels war und somit die inhaltliche Stilrichtung quasi vorgab. Mr. Mick möchte Musik für Erwachsene machen, gängigen Trends entgegenwirken und bewussten HipHop nach Deutschland zurückbringen bzw. diesen wieder ins allgemeine Bewusstsein rücken. Wenn man bedenkt, dass sich viele Hörer genau danach sehnen, dürfte die "Auf & Ab LP" das Richtige für sie sein. Mangelnde Erfahrung kann man ihm nicht vorwerfen: Seine Platten verkauften sich bereits im UK und in Japan, ganz abgesehen davon, dass er seit fast zwei Jahrzehnten als DJ tätig ist. Konsequenterweise erwarten den Hörer ausschließlich Eigenproduktionen und nur einige, ausgewählte Features.
Zu Beginn von "Lebender Rap RMX" hört man einen alten Mann sprechen, welcher HipHop als Person darstellen soll: "Junger Mann, sind sie so freundlich und nehmen mich an der Hand mit über die Straße? Ich bin versehentlich ins falsche Cypher geraten", heißt es. Mr. Mick berichtet davon, dass sich HipHop nach all den Drogenexzessen und Gangster-Stories erst einmal erholen musste, mittlerweile allerdings wieder zu alter Form zurückgefunden hat: "Rap ist nicht tot, nur wieder auferstanden [...] all der Koks, all die Frauen, all die Aggressionen / wir haben ihn abgeschoben, dann ist er erst abgehoben". Die musikalische Gestaltung ist genauso interessant wie der lyrische Beitrag des Berliners. Trompeten- und Pianoklänge in Kombination mit Scratches wissen zu überzeugen und machen den Track zu einem Gesamtkunstwerk. Eine weitere Ode an sein Lieblingsgenre ist "Postkarte An Hip Hop". Mittlerweile sind Images auch im Deutsch-Rap zum Standard geworden, dabei passt das gewählte Image oft nicht zu der wahren Persönlichkeit der Künstler. Oft reicht ein hartes Erscheinungsbild, um mangelnde Reimfähigkeiten zu überdecken. Genau mit dieser Thematik setzt sich "Image Iz Allet" auseinander, dabei blitzt in Micks ironischen Äußerungen über harte Rapper oft seine Abneigung gegenüber denselbigen auf. Amüsant sind die witzig gesungenen Zeilen: "Image, ohhh mein Image, ick will noch härter sein als ick biiiin". "Smalltalk Mit Dem Deejay" ist gespickt mit Vocal-Samples, welche Mr. Mick nutzt, um seine Sätze zu komplettieren. Vorstellen kann man sich das wie die Zeilen von Savas' "Rapfilm", nur dass die Zitate am Anfang der Zeilen stehen. Obendrein wird auch ODB erwähnt und dem DJ gehuldigt. Der Track gehört auf jeden Fall zu den Highlights der Platte, ist aber mit einer Länge von ca. zweieinhalb Minuten leider etwas zu kurz geraten. "Kuck Hear" ist eine Art Posse-Track der Spoken View Künstler Mr. Mick, Damion Davis und Sir Serch. Dabei überzeugt vor allem Damion Davis durch eingängigen Gesang in der Hook und gekonnten Stimmeinsatz während der Strophe. Zu dem Track gibt es übrigens auch ein gutes Video. Mit "M.I.C.K." erklärt Mr. Mick, wofür die einzelnen Buchstaben seines Pseudonyms stehen und nutzt auch die Gelegenheit, die ein oder andere Liebeserklärung an seine Stadt zu äußern. "Mein Kiez" geht thematisch ebenfalls in die Richtung "Lokalpatriotismus". Etwas unaufgeregt ausgefallen sind "Lass Dich Fall'n" und "Frag Nich!", welche es nicht schaffen den Hörer dauerhaft zu fesseln. Wett gemacht wird dies jedoch von "Ostler", für das Mick (Ex)-Kaosloge Member Chefkoch und seinen Kollegen Damion Davis an Land ziehen konnte. Vor allem der Beitrag von Chefkoch gestaltet sich interessant: "Der Westen denkt, er hätte Rap erfunden / doch zu viel Scheiße ausm Westen zieht Rap nach unten / gib mir sechs Sekunden und Ich bring ihn wieder nach oben wie einen fliegenden Vogel / Chef serviert dir was dopes, check diesen MC aus der Zone".
Die "Auf & Ab LP" ist genau das Richtige für alle, die die Schnauze voll haben von Gangster-Rap. Mr. Mick richtet den Fokus hauptsächlich auf die HipHop-Kultur, die dazugehörigen Elemente und seine Stadt. Musikalisch ist die Platte ebenfalls traditionell gehalten: Samples, Scratches und diverse Instrumente sind dominierend. Wer nach crunkigen Stompern oder Electro-Beats sucht, wird mit dieser LP wahrscheinlich nicht glücklich werden. Im Endeffekt handelt es sich bei der "Auf & Ab LP" um eine gute Platte, allerdings wäre ein wenig Abwechslung (sowohl thematisch als auch musikalisch) nicht schlecht gewesen, mit 19 Tracks wirkt die LP auch ein wenig überladen, was das Hören ein wenig anstrengend macht. Trotzdem gehört dieses Album locker zu den guten und repräsentiert die andere Seite der Berliner Rap-Medaille auf würdige Art und Weise, was eine Bewertung von 3,5 Kronen rechtfertigt. HipHop lebt!
Tracklist: 01. Damaged Good$ 02. Ferris Bueller 03. Love Of My Night 04. Are We Friends? 05. My Stereo 06. Trak's Promise 07. Salt Shaker 08. Party In My Pants 09. Thunderkats 10. Follow The Leader 11. Same Ole 12. Dirty South 13. Cheese
Review: Abgesehen von sinkenden Verkaufszahlen sorgt das Internet auch für Kollaborationen, die ansonsten unter Umständen nie zustande gekommen wären. Dazu gehört auch das Album "Hello World", welches von dem in London wohnhaften Xrabit produziert wurde und ausschließlich Parts von dem Houstoner Duo DMG$ (früher Damaged Good$) beinhaltet. Die Verbindung kam zunächst über MySpace zustande und das Album wurde dann gemeinsam in London aufgenommen. Inwieweit die beiden Rapper Coool Dundee und Trak Bully mit Xrabit harmonieren und ob die Verbindung Houston-London musikalisch wertvolle Früchte trägt, wird sich mit dem Hören der Platte zeigen.
Es ist offensichtlich, dass sich "Hello World" genau am Puls der Zeit bewegt und wohl getrost als Hipster-Rap bezeichnet werden kann. Die Produktionen sind durchgehend elektrisch und etwas schneller gehalten. Xrabit legt Wert darauf, dass der Hörer stets die Möglichkeit hat, zu den diversen Synthie-Sounds auch zu tanzen. Auf der lyrischen Seite gibt es keine besonderen Großtaten zu vermelden: Die Rapper aus H-Town konzentrieren sich vordergründig darauf, sich selbst als die Coolsten zu feiern, über Klamotten zu rappen, Frauen klarzumachen und als Partyanimateure zu agieren, jedoch machen sie das recht humorvoll und unterhaltsam. Hinter teilweise recht arroganten Ansagen wie "we the flyest" steckt auch immer ein Augenzwinkern, was den Eindruck vermittelt, dass die beiden eigentlich zwei recht lustige Kerlchen sind, die einfach nur Spaß haben wollen. In der Tat: Tracks wie "Dirty South", "Follow The Leader", "Thunderkats" und "Same Ole" machen tatsächlich Spaß, da man es in erster Linie mit fröhlichen Melodien und zeitgleich mit positiven Lyrics zu tun hat. "Dirty South" konfrontiert den Hörer mit rockigen Einflüssen, das minimalistische "Follow The Leader" bietet einige lustige Zeilen ("Get more models than Nike got sneakers / Yeah you clean but I'm Clerasil cleaner" und "Thunderkats" überzeugt durch etwas ruhigere Melodien und eine ohrwurmverdächtige Hook, die zwar in ihrer Einfachheit wohl nicht zu überbieten sein dürfte, aber eventuell genau deswegen perfekt als Party-Schlachtruf geeignet ist. Dem Prädikat Themen-Track entspricht "Are We Friends?" noch am ehesten. Hier werden diverse Drogen und deren betörende Wirkung thematisiert: "One kiss from Mary Jane puts me in another lane / Far away from all you lames / Ecstasy pills as diamond rings / So I'm seeing orgasms and I'm tasting love / My whole body feels like a latex glove". Letztendlich legen sich die beiden darauf fest, dass sie mit den Drogen doch keine wirkliche Freundschaft schließen können: "No more drugs, no more drugs, please no more drugs up in this bitch". Ähnlich wie bei den restlichen Tracks wird auch hier recht ordentlich geflowt, wobei der Kontrast von eher langsamen, Dirty South-typischen Flows und etwas schnelleren Einlagen recht interessant anzuhören ist. "Party In My Pants" stellt den einzigen Totalausfall (im Sinne von: unbedingt skippen) dar, was vor allem an den nervigen (um nicht zu sagen dämlichen) "There is a party, and you're invited"Rufen liegt. Des Weiteren will der Beat nicht so richtig zünden: Kick, Hi-Hat und diverse Snap-Geräusche bilden das Grundgerüst der Produktion, während die Synthie-Klänge erst in der Hook zum Einsatz kommen. Davon abgesehen bewegen sich die restlichen Tracks durchgehend mindestens im akzeptablen Raum.
Natürlich ist diese Platte nichts für den durchschnittlichen BoomBap-Liebhaber, dafür sorgt alleine die Tatsache, dass hier vor allem über elektronische Beats gerappt wird und Hipster-Rap derzeit ja quasi DAS Feindbild für viele Real-Keeper sein dürfte. Jedoch muss man differenzieren - "Hello World" ist zwar nicht das, was sich manche unter "echtem" HipHop und zeitloser Musik vorstellen, dafür aber eine Platte, die sich im Auto und/oder beim Feiern recht gut hören lassen kann. Wie gesagt, die Instrumentals sind allesamt gut produziert und DMG$ packen diese positive Energie in Worte und sorgen für gute Laune. Zwar reißen sie lyrisch keine Bäume aus, jedoch haben sie immer wieder einen lustigen Spruch auf Lager und packen ihre Parts in einen ordentlichen Flow. Fazit: Grundsolides bis gutes Album für alle, die sich mit neuen Trends anfreunden können.
Tracklist: 01. Soul 02. N.A.Z.Z. (feat. Sinuhe) 03. Wenn ich seh 04. Irgendwie absurd 05. Nix is' 06. Ruhe Vor dem Sturm (feat. Lou) 07. Feuer & Eis (feat. Donato) 08. Zu Laut 09. Wann ist endlich wieder Sommer 10. Monologe 11. Renn! 12. Sweet Day 13. Ich bin (feat. DJ Crates) 14. Bis zum Ende (feat. Daez und Tide) 15. Punschleim (feat. B.E) 16. Ich fühl 17. Die Anderen 18. Ich mach die Augen zu 19. Und dann seh ich dich (feat. Soundbwoy Boogie) 20. Fick drauf (feat. Tide) 21. Weil wir leben
Review: Siegen wurde spätestens mit dem "Rubin" Mixtape von Nazz'n'Tide auf Rapdeutschlands Landkarte gesetzt, wenn dies nicht vorher schon durch gewonnene Mixery Raw Deluxe Battles passiert ist. Nun, nach einer dreijährigen Arbeitsphase, gibt es das Soloalbum von Nazz mit dem Titel "Soul" auf die Ohren, wodurch sogenannter "Frauenrap" aus Deutschland endlich mal wieder interessant wird. Was die Hörerschaft hier erwartet? Kurz gesagt: Ehrliche Texte, durch die Bank starke Flows, gekoppelt mit großartigen Reimketten. Jetzt aber erstmal die Vorfreude etwas bei Seite schieben und neutral an dieses Release rangehen.
Und schon mit den ersten von insgesamt 21 Tracks wird man in den Bann von "Soul" gezogen. Sei es das Intro, der Triteltrack zum Album "Soul" oder "Nix is", was einen definitiv zum Lächeln bringt, ja fast schon dazu zwingt. Tolle Zeilen, die vor Ehrlichkeit einfach nur so strotzen. Und für alle Verfechter von Female Emceeing: Hier zu Lande können es mit dieser Frau nur wenige Kerle aufnehmen. Dafür leg ich meine Hand ins Feuer. Denn auch diese enorme Dichte an Punchlines, gibt es nur auf wenigen anderen deutschen Rapalben. "Punschleim" beispielsweise besticht durch ein orientalisches Instrumental und durch Seitenhiebe gegen Snagas und Pillaths Seehundstyle und allgemein Amigebyte. "Fick drauf" geht in eine ähnliche Richtung und überzeugt ebenfalls durch die starke Gastshow von Langzeitpartner Tide. "Ich hör den Click Clack, Ganja, Pamm Pamm Sound aus euren Kellerstudios / Das ist nicht Gangstas Paradise, ihr Affen seid nicht Coolio" - womit wieder mit fast der gesamten Deutschrapszene aufgeräumt wird. Doch da dieses Album thementechnisch so verdammt facettenreich ist, kommen Fans von Tiefgang natürlich auch absolut auf ihre Kosten. Sei es das depremierende "Wenn ich seh", was einem gnadenlos mit Schuldgefühlen in die Fresse schlägt oder das grandiose "Feuer und Eis" mit Donato, was einen, sobald man die Augen schließt, in andere Welten katapultiert. Wirklich schwache Tracks sucht man vergeblich. Wohl mit eine der stärksten Vorstellungen gibt es dann mit "Die Anderen", wobei es darum geht, das viele Menschen die Anderen beschuldigen, anstatt bei sich selbst die Fehler zu suchen, was eigentlich näher liegen würde. "Ich bin doch nur ein Mann / die Schlampen lieben mein Schwanz / Ich geh fremd aber Schuld sind die Anderen / Ich war Mutter doch mies und schlecht / Die Alk zu viel fließen lässt / Die Kinder erziehen jetzt die Anderen". Verdammt stark. Eigentlich könnte ich weitermachen und stundenland mit Auszügen aus Texten um mich werfen...
Den hohen Erwartungen wurde "Soul" mehr als gerecht. Die Männerwelt kann die Wintermäntel auspacken, denn warm anziehen ist definitiv angebracht. Technisch ist das sicherlich die ganz hohe Kunst und auch inhaltlich bekommt man solch abwechslungsreiche Alben wohl nur bei Curse oder ähnlichen Consicousgrößen. Auch an Ehrlichkeit ist dieses Release wohl kaum noch zu toppen. Persönliche und fiktive Tracks, gepaart mit passenden Produktionen, die ein tolles Gesamtbild garantieren. Auch die Gastshows scheinen gut gewählt und durch Alben wie dieses dürfen Rapfans weiterhin hoffen. Die Atmosphäre ist gewollt etwas dunkler gehalten, was den ganzen Szene- und gesellschaftkritischen Tracks nochmehr Ausdruckstärke verleiht. Ein Schritt zurück in der Zeit, um Rap wieder einen Schritt nach vorne zu bringen. Großartig.
Tracklist: 01. I Gititin 02. U Phucc'd Up (Feat. KL) 03. Ain't Nuttin' Changed 04. What's The Deal? 05. Legendary Pt. 1 (Feat. Nick Javas & NYGz) 06. Hood Crazy 07. Voices 08. Hate (Feat. N.O.R.E.) 09. Sichuwayshunz 10. Stretch Marks & Cigarette Burns (Feat. Panchi & Imani Montana) 11. S.O.S. 12. Let The Guns Blow 13. Don't Give A Fuccc 14. Rap Addiction (Feat. Lil' Fame & Shabeeno) 15. Never Goodbye (Tribute to KL)
Review: Ein neues Album von Blaq Poet, produziert von DJ Premier - so hieß die Ankündigung, wobei man als Hörer fast schon geneigt war, dieses Album zur Kollabo-Platte von Premo und Nas ins imaginäre St. Nimmerleins-Regal zu stellen. Doch im Gegensatz zu seinem Queensbridge-Kollegen arbeitete Poet an diesem Album, so dass es nun tatsächlich fertig ist. Als Label darf es natürlich nichts anderes als Premier's Year Round Records sein. Damit ist der Screwball-Veteran mit seinem Album "Tha Blaqprint" einer der wenigen, der bei sämtlichen Eastcoast-Hörern und vor allem bei der älteren Generation kollektives Interesse weckt.
Obwohl das Album nicht einmal komplett von Premo produziert ist - mit Gemcrates und Easy Mo Bee haben zwei weitere Herren ihren Weg aufs Album gefunden - , gab es eine solche Anhäufung von Beats des Meisters schon seit "The Ownerz" nicht mehr. Das ist auch der gewichtige Unterschied zum Vorgänger "Rewind << Deja Screw". Selbige Scheibe stellte sich als Manifest des QB-Emcees heraus, mit dem er schon 2006 als einer der wenigen für den seit jeher von ihm praktizierten Street-Rap Flagge hisste, das letztendlich jedoch nicht mehr als ein dezentes Album war. Dass es sich bei dem neuen Werk ebenso verhalten könnte, sollte jedem bewusst sein, der die Entwicklung der Premier-Beats der letzten Jahre auch nur mit halbem Auge verfolgt hat: Seine Glanzzeiten hat das Urgestein natürlich schon lange hinter sich gebracht, doch die Hoffnungen werden ohnehin in die ab und an passierenden Geniestreiche, vermischt mit einer Bank aus solidem Material im Rücken, gesetzt. Das sei nun einmal als bester Fall definiert. Ganz erreicht wurde selbiger dann trotzdem nicht. Woran das liegt? Hauptsächlich daran, dass diesem Gespann auf Albumlänge beidseitig das Durchhaltevermögen fehlt. Der schwarze Poet ist kein wirklicher Poet, sowohl die Technik als auch der Inhalt fesseln nicht durchgehend. Bei Premo ist es vielmehr die erwartungsgemäße Altersschwäche. Ein "What's The Deal?" ist in der Masse aller seiner bisherigen Beats einfach vollkommen profillos und will sich dementsprechend auch nicht entfalten. Zudem setzt er auch einige weitere Tracks in den trockenen Sand der Langeweile: "Legendary Pt. 1" (wobei sich Nick Javas als Fehl-Signing herausstellt) ist nicht besser als der Erguss eines x-beliebigen Standardproduzenten, "Stretch Marks & Cigarette Burns" schlägt mit aufgezwungenem Minimalismus gehörig fehl. Natürlich kann das Duo auch ganz anders. "I Gititin" ist ein Opener, der zunächst keine Zweifel daran lässt, dass man es hier mit souveränen Graurücken zu tun hat. Ebenjenes Gefühl bietet auch "Rap Addiction", während "Ain't Nuttin' Changed" (trotz Akon-Sample) ordentlich Laune macht. Unverständnis macht sich dagegen bei der Wiederverwendung von "U Phucc'd Up" (wohl mit demselben unsinnigen Hintergrund, mit dem auf dem Debüt alte Verses eingebracht wurden) breit. Bei den negativen Aspekten reihen sich noch das platte "Hood Crazy" sowie das bereits zur Genüge ausgebeutete Sample aus dem sonst starken "Let The Guns Blow" ein, während auch "Don't Give A Fuccc" in seiner Hektik die plumpen Ansagen des schwarzen Poeten in ein schlechteres Licht als nötig stellt. Dass beim Rest gute Arbeit verrichtet wurde, weiß dann aber zu vertrösten: "Hate" gelingt als lockerer Kopfnicker, Gemcrates' "Sichuwayshunz" mit eingängiger Piano-Line. Nachdem Poet dann "Voices" (von Pac bis ODB) gehört hat, findet die LP in "Never Goodbye" mit einem Tribut an KL ihr Ende.
So wirklich überzeugen wollen Blaq Poet und DJ Premier nicht. Doch da bei solchen Alben die Tendenz besteht, aufgrund der Erwartungen härter ins Gericht zu gehen als eigentlich angebracht, soll auch festgehalten werden, dass trotz der weniger prickelnden Stücke doch eine beachtliche Zahl an gut genießbaren Songs ihren Weg aufs Album gefunden hat. Überdies zeigt "Tha Blaqprint" allerdings auch mehr als deutlich, dass ein komplett von Premo produziertes Album dieser Tage kein wirkliches Highlight mehr ist. Genau genommen sieht auch Poet in einer Gruppe wie Screwball - und folglich mit gemäßigtem Einsatz - besser aus. Das zweite Album lehrt: Die Fans kommen (wenn auch bedingt) auf ihre Kosten, ein QB'scher Gralshüter ist aber auch Poet nicht mehr. Die 3,5 Kronen für "Tha Blaqprint" sehen daher nicht festen Standes nach oben, sondern stehen eher auf wackligen Beinen.
Tracklist: 01. Redemption 02. Kill Too Hard (Feat. Inspectah Deck, U-God & Masta Ace) 03. The Abbot (Feat. RZA) 04. Harbor Masters (Feat. Ghostface Killah, AZ & Inspectah Deck) 05. Sheep State (Feat. RZA) 06. Radiant Jewels (Feat. Raekwon, Cormega & Sean Price) 07. Supreme Architecture (Feat. RZA) 08. Evil Deeds (Feat. Ghostface Killah, RZA & Havoc) 09. Wise Men (Feat. RZA) 10. I Wish You Were Here (Feat. Ghostface Killah & Tre Williams) 11. Fatal Hesitation 12. Ill Figures (Feat. Raekwon, M.O.P. & Kool G Rap) 13. Free Like ODB (Feat. RZA) 14. Sound The Horns (Feat. Inspectah Deck, Sadat X & U-God) 15. Enlightened Statues (Feat. RZA) 16. NYC Crack (Feat. RZA) 17. One Last Question...
Review: Was so ein einziges dubioses One-Sheet nicht so alles anrichten kann: Von heute auf morgen, spärliche eineinhalb Monate vor dem Release-Date, flatterte die Ankündigung aus den Werkstätten von KOCH Records, neuerdings genannt E1 Music. Von einem neuen Wu-Tang-Album wurde getönt, einem Album, das auf alle von "8 Diagrams" enttäuschten Fans zielt und komplett neue Rhymes aller verbliebenen acht beinhalten sollte. Neue RZA-Beats sollten es sein, die den Sound der "36 Chambers" in die Jetztzeit transformieren. Ein wenig später wurde das Album als Clash von Wu-Tang Emcees mit 90er-Legenden propagiert. Dabei bleibt es dann auch, wobei man selbst entscheiden darf, ob es gut oder schlecht zu werten ist, dass "Chamber Music" pünktlich Ende Juni vor der Tür steht.
Das Ausmaß des Schwindels und der falschen Frohlockungen soll nun einmal kurz umrissen werden: Dieses Album ist kein Wu-Tang-Album, sondern ein Album von Bob Perry aus den Reihen von KOCH, für das die Wu-Bruderschaft ihren Namen und auch einige Rhymes hergab. Das Album ist nicht von RZA produziert, und selbst die Executive-Producer-Funktion des Masterminds ist keinesfalls geklärt - die Produktionen stammen wiederum aus fremder, KOCHscher Feder und wurden mit den Instrumenten der Soul-Band The Revelations ausgepolstert. Und wohl nicht nur aufgrund der kurzen Entstehungszeit war es schon vor Veröffentlichung der Tracklist eine höchst zweifelhafte Angelegenheit, dass hier wirklich alle Wu-Tang Emcees - plus die ebenfalls angekündigten Cappadonna, Killah Priest und Streetlife - zu hören sein würden. Deswegen gibt es letztendlich nur fünf Wu-Emcees. Und schlussendlich ist das Album kein Album: Ganz gleich, ob nun Compilation oder nicht, mit 36 Minuten Spielzeit, von denen zehn an die alle (acht wirklichen) Tracks umschließenden (RZA-)Skits abfallen, bleibt keine große Zeit für zärtliches Vorspiel. Wen dieses getürmte Salz in der Suppe nicht zum verärgerten Boykott der Scheibe treibt, der werfe alle Äußerlichkeiten über Bord und betrachte "Chamber Music" von der rein musikalischen Seite. Denn eine Konzeption wie diese, die in ihrer Essenz weniger einem Wu-Album als etwa der "Wu-Tang Meets The Indie Culture"Platte nahekommt, verspricht durchaus Spaß. Die einrahmenden Skits geben dem Album dann sogar durchaus ein - wenn auch schwaches - fernöstliches Ambiente, das sich über ansprechende Instrumentals aus Samples und RZA's Weisheiten rekrutiert. Der erste Song wird sogar zur höchst positiven Überraschung, da sich in "Kill Too Hard" ein steinharter und doch eleganter Beat, der schlichtweg "on point" ist, mit dem gelungenen Dreier aus U-God, Deck und Ace paart. Auch im weiteren Verlauf zeigen die Songs eine erfreulich hochqualitative Konsistenz, die teilweise allerdings in eine falsche Richtung blickt: "I Wish You Were Here" bemüht einmal mehr das totgespielte Al Green-Sample und lässt es zum süßsoften Häppchen verkommen, "Harbor Masters" lässt den nötigen Drive vermissen und "Evil Deeds" hätte ohne RZA's Hook besser geklungen. Was auf einem normalen Album nicht weiter schlimm wäre, fällt hier dann durchaus ins Gewicht - da kann "Radiant Jewels" noch so gut sein, "Sound The Horns" noch so kraftvoll einrollen und "Ill Figures" noch so cool seinen Bass in den Vordergrund rücken. Während sie fast selbstverständlich wirken, sind die Kollabos durchgehend gut, und es ist ebenso erfreulich, dass fast jeder Beteiligte mit Enthusiasmus ans Mic tritt. Der schlussendliche Eindruck, den man nach dem Abklingen von "NYC Crack" hat, ist trotzdem der eines Werkes, dem irgendetwas fehlt. Auf jeden Fall der Reifeprozess.
In einem Punkt muss man zustimmen: Das Album hat wenig mit "8 Diagrams" zu tun. Doch das bescheinigt keine durchwegs positive Kritik. Letztlich muss auch noch die Wahl des Titels angekreidet werden. Was im ursprünglichen One-Sheet wie "Chamber Music" klang, hätte mit Einlaufen aller 90er-Größen einen neuen Titel verdient. "Chamber Music", das steht nicht erst seit G-Clef's (wenn auch qualitativ fraglichem, doch ideologisch löblich gerichtetem) Unternehmen nicht für das, was es hier zu hören gibt. Denn so sehr sich Bob Perry bemüht, für waschechten RZA-Sound fehlt die Ader des Wu-Abts. Der Hörer zieht mit gemischten Gefühlen von dannen, und während er noch darüber grübelt, was mit einem solchen Konzept möglich gewesen wäre, behält er doch die wenigen guten Songs dieses Albums im Hinterkopf. Deshalb wäre "Chamber Music" auch ein gutes Album, wenn es sich nicht dank zwielichtiger Ansagen im Vornherein und seiner Länge selbst eine halbe Krone abschnitte.
Tracklist: 01. Back It Up 02. Be Easy (Feat. Crypt The Warchild) 03. Keep It Moving 04. Microphone Killah 05. Won't Be (Remix) (Feat. Banish, Aims & Randam Luck) 06. Let Em Know 07. Bring That (Feat. Doap Nixon) 08. Straight Hip-Hop (Feat. Randam Luck) 09. I've Been 10. The Jump Off 11. That's Wassup (Feat. Reef The Lost Cauze) 12. Gunz Still Hot (Remix) (Feat. Keepers Of The Light) 13. Scarz (Remix) 14. Nothing Else Matters 15. Oh Yeah 16. Affirmative Action (Remix) (Feat. Outerspace) 17. Always Survive 18. Hard 2 Manage (Feat. Planet Asia) 19. Armada Music
Review: Da sich The Armada ihren Namen sicherlich nicht durch die Anzahl der Mitglieder verdienen, ist anzunehmen, dass man es hier mit einer großspurigen Anspielung auf die eigenen Fähigkeiten zu tun hat. Wem der Name hier zum ersten Mal unter die Augen kommt, dem sei ein wenig weitergeholfen: Das Quartett besteht aus zwei Emcees, James Heated und Johnny Teflon, sowie zwei Producern, DJ Rybe und JBL. Während die ersten drei aus dem Sunshine State kommen, so stammt JBL The Titan aus Texas und kann auch schon auf eine längere Karriere zurückblicken: 2002 als Teil von "The Blunted" stellte man sich bereits dem typischen Texas-Sound entgegen, spätestens seit seinem "Alien Warfare" Mixtape war die Verbindung zum Osten und insbesondere der Army Of The Pharaohs offensichtlich. Nun steht die Armada mit "Downtime" bereit.
BoomBap-lastiger HipHop, der sich stark an die AOTP anlehnt? War da nicht bereits irgendwas? Ja, letztes Jahr gab es eine gewisse Gruppe namens Randam Luck aus San Diego, die unter sehr änhlichen Vorzeichen ihren Weg in die Rap-Arena fand. Und wie es der Teufel will, finden sich auch zwei Auftritte von Randam Luck. Da bleibt nur noch zu hoffen, dass James, Johnny, Rybe und JBL nicht eine Stunde lang dieselben Holzkopf-Lines klopfen und ähnlich platte Beats bieten wie Randam Luck auf "Conspiracy Of Silence". Doch man bekommt schnell zu spüren, dass hier subtiler zu Werke gegangen wird als bei den Kollegen aus San Diego. Das will aber nicht heißen, dass es leise zugeht: "Back It Up" legt mit einem Monster eines Beats von Rybe los, der uns zudem mit den beiden Emcees bekannt macht, die beide eine angenehm dunkle Schiene fahren, welche zwar weit von jeglichen Höchstnoten entfernt liegt, dafür allerdings den fülligen Beats gerecht wird. Vergleiche zur AOTP müssen an dieser Stelle gar nicht gezogen werden, da man hier nicht von billiger Kopie reden muss: The Armada erwecken den starken Eindruck, auf eigenen Füßen stehen zu können. Zur Bestätigung werfen sie gleich die nächste Bombe - "Be Easy" (von JBL produziert) ist 2009-BoomBap der besten Sorte und schnürt aus Elementen der Eastcoast eine gelungene Packung. Dieses Niveau wird zwar - was wohl dem Clou des Jahres gleichgekommen wäre - nicht gehalten, doch bei den restlichen 17 Tracks blitzen erfreulich oft ungeschliffene Diamanten hervor, die von einer Vielzahl an Produzenten beigesteuert wird. Da finden sich auch die Hitfarmers aus München, die zwei Beiträge abliefern - "That's Wassup" gefällt und liegt voll im Kielwasser des Albums, "Armada Music" dagegen fällt nicht groß auf. Lyrisch passiert zwar nicht viel (wenn auch genug), muss es aber auch nicht. Und wieder ist es JBL, der auf "I've Been" die Sample-Bausteinchen zu einem ansehnlichen Gebilde zusammenfügt und den Kopf zum Mitnicken animiert. Da lässt es sich verkraften, wenn Randam Luck im ansonsten soliden "Straight Hip-Hop" so grobschlächtig durch die Hook brausen wie der Elefant durch den sprichwörtlichen Porzellanladen. Dann lieber echte AOTP-Gäste wie Reef, Doap Nixon oder Outerspace, die hier alle gut ins Bild passen. "Bring That" hätte dabei gut und gerne auf Doap Nixon's eigenem Album sein können und gehört hier bei weitem nicht zu den Top-Songs. Das gilt schon eher für das klassische Brag-Stück "Microphone Killah" (bereitgestellt von DJ Solo) oder JBL's "Always Survive", das bis zum Schopf in Streicher-Samples getränkt wurde. "Hard 2 Manage" ist etwas weich geraten, da es mit typischem Vanderslice-Flavor daherkommt (und somit viel besser zu Access Immortal gepasst hätte). Damit verbleibt eigentlich nur noch eine Sache: Die vier als Remixe gelisteten Songs. Wo es bei "Affirmative Action" sofort klingelt, stammen auch die anderen drei Songs von bekannten Größen und wurden hier mit eigenen Raps eingebaut. Rasco, Big Pooh und Royce Da 5'9" sind die restlichen Urheber, wobei "Won't Be" voll in die Stimmung des Albums passt, "Scarz" dagegen gar nicht.
Ganz so mächtig wie die spanische Armada ist dieser Latino-Ableger dann doch nicht - dafür reicht die Feuerkraft dieses Albums nicht ganz aus. Überrascht darf man von der Qualität dieser LP ob der nach AOTP-Kopie riechenden Tracklist durchaus sein. Wer kein Problem mit altbewährtem, etwas deftigerem BoomBap der nicht mehr allzu häufigen Sorte hat, der sollte hier kurz innehalten und zuhören. The Armada sind keine neuen Hardcore-Propheten, doch sie ziehen ihr eigenes Ding durch. Unter Beachtung der weniger gelungenen Songs verbleibt mit "Downtime" ein durchaus hörenswertes Album, das wie Ost klingt und doch von Süd und West gemacht wurde.
Tracklist: 01. Intro 02. Über den Wolken 03. Dein blaues Wunder 04. Schizophren 05. Sparring (Feat. Marde) 06. Erstes Wunder 07. Nie wieder 08. Spiegel (Feat. Perlitz) 09. Mir egal 10. Montag 11. Patrida mou 12. Zweites Wunder 13. Herrschaft des Feuers (Feat. DJ Amin & Simon Says) 14. Verlassene Seelen / Die letzte Träne 15. Blütenzeit (Feat. DJ Fellbaum) 16. Drittes Wunder 17. Nur eine Chance (Feat. Blickfunk) 18. Ein neuer Tag (Outro)
Review: Nachdem das Bielefelder Label 667onemorethanthedevil sein Zugpferd an das Ruhrpotter Erfolgslabel Selfmade Records abgeben musste, war es lange Zeit ruhig in der Talentschmiede, in der unter anderem auch Pimpulsiv und Architekt ihre Platten veröffentlichten. Mit Phil62 hat sich der zugehörige Vertrieb 667 Distributions nun einen noch sehr jungen, ambitionierten Künstler unter den Nagel gerissen, der durch Themenvielfalt, gute Flows und eine Stimme mit Wiedererkennungswert versucht, in der deutschen Rapszene Fuß zu fassen. Seine Skills konnte Phil unter anderem schon bei "Feuer über Deutschland 3", beim dritten "1on1 Freestyle Battle", wo er mit gerade mal 16 Jahren den dritten Platz belegte, und mit einem Sieg beim "5. Battle Instinct" unter Beweis stellen.
Das Album beginnt mit einem herrlichen George Air Brush Beat und verspricht dank energischen Flows und Cuts von DJ A-min eine grandiose LP. So muss ein "Intro" klingen! Durch das Intro in höchste Erwartungen katapultiert geht es "Über den Wolken" weiter. Phil besticht mit Humor und Flowvariation, die Hook geht ins Ohr. Der Beat ist erste Sahne oder vielleicht auch zweite Sahne, wenn man ihn mit seinem Vorgänger vergleicht. Auf dem Titeltrack wird "Dein blaues Wunder" versprochen. Alles in allem ein guter Track, der sehr reimorientiert und durchdacht gestaltet ist. Mit manchen vermeintlichen Punchlines nimmt Phil dem Track aber leider oft den Flavour, wobei er das allerdings mit anderen gelungenen Lines ausgleicht. Phil62 outet sich auf einem von Bugzz produzierten Track als "Schizophren" und unterhält sich im ständigen Egowechsel mit einer Dame, der er als Romeo die Sterne vom Himmel holt und als alkoholisierter Rüpel vor den Kopf stößt. Begleitet wird Phil auf diesem Song von einem klischeemäßigen Engel auf seiner linken und dem dazugehörigen Teufel auf der rechten Schulter. Auch der Beat macht den Persönlichkeitstausch mit: Während er im Schmeichelmodus extrem chillig, romantisch und melancholisch klingt, ertönt er im Rabaukenmodus wild und ungestüm. Man muss sagen, dass die melancholischen Teile des Beats derart gut klingen, dass man sich Gedanken über einen eigenen Track auf diesem Instrumental machen sollte. Kompliment an Bugzz!
"Eigentlich ist das nicht meine Art, Doch dein Lächeln ist so süß und deine Lippen zu zart. Ich sitz an der Bar, seh dir gern beim Tanzen zu. Butterblümchen, nach dir hab ich so lang gesucht.
Nein, das ist nicht meine Art, ich brauch deine Lippen zum Blasen Und machst du Stress, regel ich das mit 'nem Tritt in den Magen. Ich sitz' seit dreieinhalb Stunden auf demselben Hocker, Alles geht auf deine Rechnung, ich bestell 'nen Vodka."
À la Olli Banjo lädt Phil seinen Ducktapes Kollegen MarDe zum "Sparring" und präsentiert einen Battletrack, dessen instrumentale Unterlage nicht jedermanns Geschmack treffen wird. Ein düsterer Synthesizer-Club-Beat, der für meinen Geschmack viel zu elektrisch klingt, rückt den Track in ein schlechteres Licht, als er es textlich verdient hätte. Einen besonderen Teil des Albums bildet die Tracktrilogie, die sich auf den Anspielnummern 6, 12 und 16 befindet und sich chronologisch "Erstes Wunder", "Zweites Wunder" und "Drittes Wunder" nennt. Während der erste Teil eher humorvoll gespittete Punchlines bietet und dadurch eigentlich den Bezug zu den beiden anderen Teilen verliert, thematisiert der zweite Teil immer noch auf Basis der Punchlines das Hobby Rap als Flucht vor den Problemen des Lebens. In den Schatten gestellt werden die beiden ersten Teile allerdings vom krönenden dritten Teil, der einen gefühlvollen Inhalt auf einem sehr musikalischen Beat darstellt. Ein wunderschönes Sample unterstreicht die Aussdrucksstärke dieses Songs, die unter anderem auch durch die Flowvariationen vermittelt wird. Die Geschichte seiner ersten Liebe erzählt Phil auf einem von Bjet produzierten Beat. "Nie wieder" überzeugt voll und ganz durch seine Story und klingt wie ein Tagebucheintrag, wodurch Gedankengänge und Gefühle nachvollziehbarer wirken. Zusammen mit Perlitz MC hält sich Phil den "Spiegel" vor und liefert einen weiteren deepen Track, wobei es sehr lobenswert ist, dass es Phil trotz themenbasierter Texte permanent schafft, durch Flows, die sich wirklich sehen lassen können, zu überzeugen. Fast in jedem Track werden souveräne Doubletime-Einlagen mit guten Reimen geboten. Perlitz MC überzeugt übrigens ebenfalls. In "Mir egal" erklärt Phil seine Haltung zur deutschen Rap-Szene und wie der Titel schon vermuten lässt, ist ihm der Rest egal. Entertainment wird auch hier wieder durch fragmentartige Flows, die durch ständigen Tempowechsel glänzen, geboten. Als ich gerade dachte, den Beat von "Montag" nicht zu mögen, musste ich staunend feststellen, dass ich mitnicke. Eigenartig. Nunja, ein Partytrack, auf dem Phil jeden Montag feststellt, welche Spuren das Wochenende bei ihm hinterlassen hat. Kater und Tinnitus führen dazu, dass die Sehnsucht zum nächsten Freitag wächst. Auf "Patrida Mou" widmet sich Phil62 seinem Heimatland Griechenland und rappt auf melancholische Art und Weise über sein enges Verhältnis zur Heimat. Ein Lagerfeuersong! Die "Herrschaft des Feuers" ist laut Featuregast Simon Says "Bielefelds Finest", was man an diesem stark vorgetragenen Battletrack gar nicht bezweifeln möchte. Und was ist das für ein Beat von DJ A-min? Respekt! Das verwendete Sample ist zwar bekannt, aber sehr gut verarbeitet. "Verlassene Seelen / Die letzte Träne" ist ein klassischer Storyteller, der in seiner ersten Hälfte die Geschichte eines Mädchens erzählt, deren Leben sich aus Traurigkeit und Qual gestaltet, weil sie nur noch ein Jahr leben zu hat. Unterstützt von Vocals der Sängerin Dana schafft es dieser Track, Atmosphäre und Mitgefühl beim Hörer auszulösen. Den zweiten Teil des Tracks möchte ich nicht vorweg nehmen und bitte mit einem Augenzwinkern darum, selbst mal reinzuhören. Mit dem Outro namens "Ein neuer Tag" verpasst Phil seinem Album einen würdigen Abschluss und dankt seinen Freunden für jegliche Unterstützung.
Phil62 bietet seinen Hörern einen innovativen Flow auf sehr gut produzierten Beats von Bjet, George Air Brush, Bugzz, DJ A-min und DJ Fellbaum. Themenvielfalt, Einfallsreichtum und freshe Flows gepaart mit guten Beats: Phil62 könnte man also gut und gerne als den neuen Casper bezeichnen und das nicht nur, weil er auch aus Bielefeld kommt. Lange habe ich über die endgültige Wertung zum Album nachgedacht. Vier Kronen oder viereinhalb? Letztendlich habe ich mich für vier Kronen mit starker Tendenz nach oben entschieden, weil ich glaube, dass man sich zwei bis drei Tracks hätte sparen können. Die besten Alben kommen meistens von Leuten, von denen man es nicht erwartet. Hier hätten wir so einen Fall. HipHop lebt!
Tracklist: 01. Intro 02. Mein Leben 03. Heute Wird Zurück Geschossen 04. Kämpfertränen (Feat. Azad & Manuellsen) 05. Laura Skit 1 06. Dieser Brief (Feat. Claudia) 07. Könnt Ihr Das Hier Fühlen (Feat. 439) 08. Ich Will Nicht Mehr 09. Blut, Schweiß & Tränen (Feat. CJ Taylor) 10. Kannst Du Die Sterne Sehen 11. Laura Skit 2 12. Nordweststädter (Feat. D-Flame)(RMX) 13. Wie Feuer (Feat. Savant des Rimes & Freeman) 14. Mama 15. Zeit (Feat. Marq F.) 16- Mein Stolz 17- Laura Skit 3 18- Ganz Egal (Feat. Marq F.) 19. Tagtraum 20. Ajuta Me Tu 21. Alles Zu Spät (Feat. Tone) 22. Outro
Review: Man hatte ja schon fast daran gezweifelt, dass Jeyz' Debütalbum überhaupt noch erscheinen wird. Er war Mitglied der Chabs, der Crew Warheit und seit der Gründung des Labels ein Teil von Bozz Music. Nach zahlreichen Mixtapes, dem Warheit-Album, dem Bozz-Sampler und diversen Kollabos steht "Blut, Schweiß & Tränen" nun in den Läden und Jeyz ist gewillt, seinen Platz im Spiel endgültig einzunehmen. Fans schätzen ihn für seine inhaltliche Vielseitigkeit: Während er in einer Sekunde noch der deepe Straßenpoet ist, kann er einen Track später schon zum kompromisslosen Battle-Rapper werden. Passend dazu zeigt das Cover zum einen Jeyz in Anzug und Krawatte und zum anderen in Hoodie und Bomberjacke. Der Hörer darf darauf gespannt sein, ob dem Sizilianer der musikalische Spagat zwischen Street und deep gelingen wird, nach all den Jahren sind die Erwartungen natürlich groß.
Einer der mit Sicherheit besten Tracks ist "Kämpfertränen". Azad und Jeyz überzeugen mit sehr einprägsamen Parts, mit welchen sie dem Hörer Unterstützung zusichern und klarstellen, dass sie den Problemen des Lebens trotzen werden: "Ich bin die Stimme meiner Delegation / der Klangkörper der Hoffnung einer Generation [...] Lieber im Stehen sterben als auf Knien zu leben [...] Meine Stimme für die Leute, die den Schmerz kennen / ich werde mit euch sein, solange die Flamme in meinem Herz brennt" (Azad), "Ich seh ne schöne Welt, doch leider nur in meinem Traum / oder vielleicht muss ich einfach nur lernen wegzuschauen" (Jeyz). Ebenfalls beachtlich ist Martellis Beitrag, da sein Beat eine derart bedrückende Atmosphäre erzeugt, dass der Hörer wirklich den Eindruck bekommt, dass der Alltag der Künstler von Trauer und Tristesse geprägt ist. "Dieser Brief" ist eine musikalische Botschaft an Jeyz' verstorbenen Vater, den er nie wirklich kennen lernen konnte. Darin äußert der Frankfurter seine Gefühle und Gedanken, die er sich vom Herzen schreiben musste. Die gesungene Hook seiner Schwester Claudia rundet den Track nicht nur ab, sondern wertet ihn sogar auf. Doch nicht nur dem Vater wird ein Track gewidmet, sondern auch der "Mama". Leider ist auf fast jedem Album ein solcher Mama-Song vertreten, was zwar nicht Jeyz' Schuld ist, aber nichts daran ändert, dass diese Thematik mittlerweile überstrapaziert wurde. Jeyz entschuldigt sich für seine schlechten Handlungen und bedankt sich im gleichen Zug für die ihm stets entgegengebrachte Liebe. CJ Taylor scheint sich in Sachen Hooks immer mehr als Sureshot herauszukristallisieren, was er auch beim Titeltrack "Blut, Schweiß & Tränen" unter Beweis stellt. Jeyz erzählt die Geschichte eines Mädchens, welches in seinem Leben viel Pech hatte, da es von seiner Familie nicht ausreichend unterstützt wurde und daraus resultierend selbst falsche Entscheidungen getroffen hat. Etwas einfallslos geraten ist "Ich Will Nicht Mehr". Der Protagonist personifiziert hier Gras als Frau und vergleicht den Zustand eines Drogenkonsumenten mit einer Beziehung. Leider ist die Thematik nicht wirklich neu, ebenso wenig wie wenn Rapper Waffen als Frau personifizieren. Recht durchschnittlich gestalten sich auch "Mein Leben", "Könnt Ihr Das Hier Fühlen" und "Heute Wird Zurückgeschossen", welche nicht als schlecht zu bezeichnen sind, jedoch auch nicht für besondere Überraschungen sorgen. Eine Dampfwalze in Form von Musik ist "Alles Zu Spät", wofür der stark nach vorne gehende Beat von Shuko und die aggressiven Parts von Jeyz und Tone sorgen. Dass Tone ein Battle-Monster ist, dürfte jedem bekannt sein. Beachtlich ist jedoch, dass Jeyz sich hier nicht die Butter vom Brot nehmen lässt und mit seinem Kollegen gut mithält: "Das ist die Chefetage, hörst du, nenn mich einfach Don / sizilianische Krawatte oder Schuhe aus Beton [...] Du kannst nen Dicken machen, denn es ist mir scheißegal / ich höre deine Texte, bei mir wären sie nur zweite Wahl". Die Tracks werden von Skits ergänzt, welche von Jeyz' Nichte Laura gesprochen wurden. Interessant dabei ist zu hören, wie sie von Skit zu Skit älter wird und im "Laura Skit 3" darauf hinweist, dass hohe Verkaufszahlen für Jeyz ihr gleichzeitig mehr Geschenke sichern.
Jeyz überzeugt dann am meisten, wenn er persönlich ist und seinem Herzschmerz freien Lauf lässt. Man nimmt ihm jede Zeile ab und kann sich unter Umständen auch sofort damit identifizieren. Zwar ist er auch als Battle-Emcee akzeptabel, aber in dieser Sparte gibt es dann doch Rapper, die ihm in Sachen Wortwitz, Reimketten und Flow-Variationen ein wenig voraus sind. Das ist keinesfalls ein Diss, jedoch ist auffällig, dass sich vor allem die nachdenklichen Tracks auf diesem Album als Highlights präsentieren. Was die Produktionen betrifft, ist man bei Bozz sowieso an der richtigen Adresse. Auch hier werden teilweise großartige Arbeiten von Deutschlands Producer-Elite abgeliefert. Besonders hervorzuheben ist Martelli, der unter Beweis gestellt hat, dass er mehr Respekt verdient. Bleibt abschließend zu sagen, dass Jeyz ein solides, aber auch nicht besonders innovatives Album abgeliefert hat, welches nur hoffen lässt, dass die Hörer nicht wieder jahrelang auf einen Nachfolger werden warten müssen.