Tracklist: 01. Die Ich Lieb 02. Melodia 03. Geile Grafik (Feat. Serk) 04. Schweinchen 05. Apocalypse 06. Frenchship (Feat. Ambiteux) 07. Freier Wille 08. Zeugenskit 09. Requiem 10. Hass (Feat. She-Raw, Ceza & Killa Hakan) 11. Alles Verstummt 12. Dekhanoid 13. Gold Und Silber 14. Was Nun? 15. TRS 16. HBL Tanzt 17. Kannst Du Mich Hören? 18. Die Ich Lieb (Mr. Mick Remix) 19. Laut Auf'm Takt (Feat. Ambiteux)
Review: Berlin ist ja eher eine Stadt, die für harten Gangstarap bekannt ist, in welchem wenig Platz für positives ist, verregnet und dreckig, das Kokain wächst auf den Bäumen und die Glock wird von Mutti mit in die Brotbox gepackt. Im Gegensatz dazu steht die Crew HBL (P-Rzm, Khano, Dmoe und Q-Millah), die sich von dem restlichen Einheitsbrei abheben will und versucht eine Alternative zu all den Drogendealern und Schwerverbrechern darzustellen. Statt Kokain und Glocks sind hier Mic und Violine am Start, bekanntlich können ja auch Wörter, Waffen sein. Das Quartett ist das neueste Signing von Spoken View und dürfte einigen durch Kollabos mit u.a. MOR, KKS, Clueso und Lizi bereits bekannt sein. Sie schafften es ebenfalls Gäste wie Killa Hakan, Ceza, She-Raw und Serk auf ihrem Debütalbum "Herzblut" zu versammeln. Wieviel Herzblut denn nun tatsächlich in der LP steckt und ob das Konzept "Two Turntables, a Bass, a Violine and a Mic" wirklich aufgeht, werden uns die 19 Anspielpunkte verraten.
Der Opener hört auf den Namen "Die Ich Lieb" und ist der Musik bzw. Hip Hop gewidmet, der Beat von DJ Skare animiert den Hörer zum vertikalen Headbang, besonders die Cuts bleiben angenehm im Gedächtniss. Hier lässt sich schon erahnen in welche Richtung die LP thematisch gehen wird "Bitte, bitte nicht denken ich will nen harten machen / hart ist schon der Tag Baby, hart wie ein Hundeknochen", "Ich seh nur zu dass Ich das hier nicht vermassel' / den viele Rapper brauchen statt 'nem Mic ne Kinderrassel", Wort drauf! Bei "Melodia" zeigt P-Rzm wieso er als Berlins Hip Hop Geiger Nr. 1 gilt, da er perfekt mit Mecs, welcher den Track produziert hat, harmoniert und es schafft eine Atmosphäre zu erzeugen, die das Thema unterstreicht. Dmoe personifiziert die Melodie als Frau und beschreibt sie als "Königin der Nacht", starke Performance von allen beteiligten. Es wird Zeit für den ersten Gastauftritt und so darf Serk auf "Geile Grafik" mitwirken. Hillton liefert eine krasse Produktion ab, jedoch fällt Dmoes Part, obwohl gut geflowed, relativ unespektakulär aus. Während er einfach nur die Alltagsprobleme eines jeden schildert, überzeugt Serk mit ironischen Lines wie "Ich bin einer der oft 2 linke Hände hat / oft krampfhaft geradeaus geht obwohl er viel Platz zum wenden hat". Weiter geht es mit "Schweinchen", ein Track der von Dmoe gesungen wird und vor allem mit seiner lustigen Hook überzeugt, bevor mit "Apocalypse" erst einmal Schluss mit lustig ist. Der Track behandelt den Zustand unserer Welt, mit all ihren Kriegen und Problemen und auch biblische Vergleiche finden ihren Platz, während das Instrumental Endzeitstimmung verbreitet. Was die musikalische Untermahlung angeht, ist die Platte bis hierhin Top, was sich allerdings mit "Frenchship" leider ändert, da der Beat zu monoton ist und damit zusammenhängend schnell Langeweile aufkommt. Klar, P-Rzm liefert im Refrain natürlich keine schlechte Arbeit ab, genauso wenig wie Dmoe, doch leider kann das nicht den ganzen Track retten, die Vocalsamples ebenfalls nicht. Dass es diesem Album allerdings nicht an thematischer Vielfalt mangelt zeigt "Freier Wille", in dem der ehemalige Graffitiwriter Dmoe einen Monolog mit Gott führt. Krasse Idee und vor allem gut umgesetzt, wer würde denn nicht gerne mal mit Gott einen Tee trinken und eine ungezwungene Konversation mit ihm führen, da gibt es ja auch so einiges zu besprechen. Nach dem "Zeugenskit" geht es weiter mit "Requiem", P-Rzm ist mal wieder völlig on Fire und zerreisst schon alleine mit seiner Violine den Track und auch Dmoe's Beitrag ist dank des agressiven Flows überzeugend. "Hass" ist ein Track der sicherlich Geschmackssache ist, wer auf Gittarrenbeats und geschrieene Hooks steht kommt hier nicht zu kurz, der Rest wird wohl die Skiptaste betätigen müssen, da können auch She-Raw, Ceza und Killa Hakan nicht mehr helfen. Melancholisch wird es mit "Alles Verstummt", der atmosphärische Piano-Beat wird mit Lyrics über persönliche Krisen berappt und in der Hook singt Dmoe, wie schon z.B. bei "Melodia", Zeilen wie "Das Leben ist was uns noch bleibt um die Nächte zu überwinden / gerede verstummt, alles schweigt, wenn die letzten Kräfte schwinden / der Himmel ist weit und es heisst, es sei für jeden ein Platz zu finden / ich glaub nicht mehr, nein ich weis, man erwartet mich schon". Schöner Track, der einen durch die ein oder andere, verregnete Nacht führt. "Dekhanoid" ist eine weitere Hommage der HBL'er an ihre Lieblingskultur Hip Hop. Leider haben die Jungs das schon mal mit "Die Ich Lieb" auf dieser Platte besser gemacht, wenn man die Tracks direkt vergleicht zieht "Dekhanoid" klar den kürzeren, beattechnisch und auch lyrisch. Doch keine Sorge, mit "Gold Und Silber" ist die Freshness back in the building. "Reden ist Silber, Geigen ist Gold / ich hab euch beides mitgebracht, ihr müsst nur wissen was ihr wolt", mit solchen Lines flowt sich Dmoe lässig durch Pianoklänge, Scratches und Claps und packt nebenbei die Creweigene Rap-Philosophie in Verse. Coole Sache aber "Was Nun?". Ganz einfach, die Jungs machen aus Rap-Zeilen, Gesang, Geigen- und Pianosounds einfach mal ein Gesamtkunstwerk. Was das Gesamtpaket betrifft, finde ich diesen Track am stärksten, die Berliner liefern hier eine Arbeit ab, die sauberer ist, als es sich Meister Proper nur wünschen könnte! Mit dem hören von "TRS" dürfte leicht Partylaune aufkommen, hierbei handelt es sich aber nicht um einen klassischen Disko-Track, statt harten Claps wird hier der Fokus auf den Einsatz von Instrumenten gerichtet, was "TRS" zu einen potenziellen Kandidaten für die nächste Hausparty macht. "HBL Tanzt", thematisiert u.a. den Werdegang der Crew und Dmoe lässt auch einige persönliche Zeilen mit einfliessen. "Kannst Du Mich Hören" ist einem gewissen Christian gewidmet. Hierbei handelt sich um einen Freund von Dmoe, der leider schon vor längerer Zeit verstorben ist. Hier wird wie bei "Schweinchen" nicht gerappt, sondern der ganze Track wird von Dmoe gesungen. Ein klasse Track, aber auch ziemlich traurig, wenn man den Hintergrund von "Kannst du mich hören" bedenkt. Klar, irgendein durchgedrehter Partytrack wäre jetzt unangebracht, deswegen geht es erst einmal gechillt weiter. "Die Ich Lieb (Mr. Mick Remix)", ist wie der Name schon erahnen lässt, ein Remix des ersten Tracks von Mr. Mick. Der Beat ist sehr smooth und erzeugt eine gewisse Lounge-Atmosphäre, wobei ich sagen würde, dass die Vocals besser zu dem Original-Beat passen. Mit dem neunzehnten Anspielpunkt erwartet uns ein bombastischer Abschluss dieser tollen Platte. Bei "Laut Auf'm Takt" erwarten den Hörer Doubletimeparts und Savas-Wordcuts, auf einem krassen Beat von DJ Q- Millah und P-Rzm. Dmoe spuckt Battlelines, während P-Rzm mit seiner Violine dafür sorgt das diese auch schön bedrohlich rüberkommen. Wenn man hier unbedingt ein Manko suchen müsste, würde man lediglich sagen können, das Dmoe mit seinen Punchlines nicht die Wirkung wie in etwa ein Kollegah erzielt, allerdings tut Savas dies auch nicht und gilt trotzdem als bester Rapper des Landes! Ich finde den Track sehr dope und reserviere jetzt schon mal einen Platz in meiner Playlist!
Bis zu diesem Release kannte ich die Jungs eigentlich gar nicht, aber nach dieser Platte bin ich definitiv Fan. Musikalisch ist dass eine der besten Platten, die ich kenne, Khano und Q-Millah wissen defintiv, wie man krasse Beats bastelt und P-Rzm verfeinert die ganze Sache und verleiht den Beats das gewisse etwas. Lyrisch wird hier auch einiges geboten, Dmoe zeigt dass er gute Konzeptsongs schreiben kann und, was ihn sympatisch macht, dass er Hip Hop bzw. Musik liebt. Hier wird nicht gerappt um irgendwelche Images zu verkörpern, sondern um Hip Hop zu repräsentieren und um Spass an der Musik zu haben. Was den Gesamteindruck etwas trübt, ist die Tatsache dass einige Tracks dann leider doch überflüssig sind. "Hass" ist ein Komplettausfall und einige Tracks wiederholen sich thematisch, was zum Problem wird wenn diese im Gegensatz zu einem anderen Track, eher blass ausfallen. Vier Tracks weniger und das Ding hätte noch mehr überzeugt! Nichts desto trotz verdient die Platte auf jeden Fall 4 Kronen, denn die Jungs haben definitiv Skills und wissen diese auch passend umzusetzen, ihr Konzept zündet auf jeden Fall! Ich kann jedem, der guten Hip Hop und gute Musik mag, nur ans Herz legen sich diese Platte zu kaufen, entäuscht wird man nur, wenn man seinen Musikgeschmack ausschließlich auf Gangstastyles beschränkt!
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01.08.2016 15:56
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